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Baskischer Chefredakteur vor Gericht

■ Pepe Rei von der ETA-nahen „Egin“ ist angeklagt wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“

Madrid (taz) – Wer dieser Tage die baskische Tageszeitung Egin aufschlägt, stößt unweigerlich auf eine Anzeige: „Freiheit für Pepe Rei – Pressefreiheit!“ steht da in großen Lettern zu lesen: Das linksnationalistische Blatt bittet um Solidarität mit seinem Chefredakteur. Gestern wurde vor der höchsten Strafrechtskammer Spaniens, der Audiencia Nacional, ein Prozeß gegen Pepe Rei wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“, sprich: der Separatistengruppe ETA, eröffnet. Dem Chefredakteur drohen acht Jahre Haft. Eine als Nebenklägerin auftretende Vereinigung der Opfer des Terrorismus plädiert gar auf 100 Jahre Haft.

Pepe Rei, so die Anklage, habe bei einem privaten Wirtschaftsinstitut verschiedene Gutachten über Unternehmen in Auftrag gegeben. Kopien von sechzehn dieser Akten seien später bei der Verhaftung von ETA-Finanzchef Carlos Almorza in Paris gefunden worden. Diese hätten zumindest in zwei Fällen zur Auswahl der Unternehmen gedient, bei denen ETA sogenannte Revolutionssteuern erpreßt.

Pepe Rei bestreitet diese Beschuldigung: Weder kenne er Almorza, noch habe er jemals Kontakt zu ETA unterhalten. Die Gutachten seien Teil seiner Recherchen über Korruption. Zu dem ihm unterstehenden Archiv hätten insgesamt 100 Personen Zutritt. Eine unsachgemäße Weitergabe von Informationen durch Dritte sei also nicht auszuschließen.

Für Rei ist das Verfahren ein schwerer Angriff auf die Pressefreiheit. Dieser Einschätzung schließt sich auch eine eiligst von 75 spanischen Journalisten gegründete „Plattform zur Verteidigung der Pressefreiheit“ an. Die Egin – die zweitmeistgelesene Zeitung der Region – sei von langer Hand als Staatsfeind Nummer 1 aufgebaut worden. Der Grund dafür: ihre ideologische Nähe zu ETA und der Ermittlungsjournalismus von Pepe Rei. So wurden seine beiden Bücher über die Verstrickung der Polizeitruppe Guardia Civil in den Drogenhandel und über die illegale Parteienfinanzierung der im Baskenland regierenden „Baskisch Nationalistischen Partei“ (PNV) mittels Linzenzvergabe für Glücksspielautomaten von den örtlichen Staatsanwälten mit Interesse aufgegriffen.

Um Pepe Rei zu diskreditieren, wurden im Herbst 1993 überall im Baskenland Plakate gegen die Zeitung geklebt. „Egin zeigt, ETA mordet. Wie lange noch?“ war da neben einem Foto von Pepe Rei zu lesen. Das Plakat stammte vermutlich aus den Reihen der PNV-Jugend. Die Justiz machte sich deren Argumentation zu eigen und ordnete für den 1. Dezember 1994 eine Durchsuchung der Redaktionsräume an. Rei wurde wenige Monate später erstmals verhaftet, bis er nach drei Monaten gegen 25.000 Mark Kaution wieder auf freien Fuß kam.

„Der Oberste Gerichtshof führt ein politisches Verfahren gegen Pepe durch“, sagt der Sprecher der Solidaritäts-Plattform Rafael Gómez, Betriebsratschef des meistverkauften spanischen Nachrichtenmagazins Interviu. Um dies zu belegen, wird eine internationale Beobachterkommission das Verfahren verfolgen. Ihr gehören unter anderem der ehemalige US- Generalstaatsanwalt Ramsey Clark und der Linguist Noam Chomsky an. Reiner Wandler

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