: Barmbeker Maske
■ Ärztekammer im Skandaldschungel
Schwere Vorwürfe gegen den Chefarzt des AK Barmbek und die Gesundheitsbehörde, verhaltene Kritik am suspendierten Leiter des Tropeninstituts. Der Vorstand der Ärztekammer begab sich gestern mitten in den Dschungel Hamburger Medizinskandale – Freispruch nur für die hauseigene Ethikkommission.
Die habe sich bei der Zulassung einer Arzneimittelstudie am Tropeninstitut durch und durch korrekt verhalten. Die ihr zur Zulassung der Studie vom inzwischen suspendierten Chefarzt Manfred Dietrich vorgelegten Unterlagen seien durch und durch korrekt gewesen. Weniger korrekt sei allerdings, daß Dietrich in drei Fällen nicht die notwendigen Einverständniserklärungen der betroffenen Malaria-Patienten eingeholt habe. Dietrich waren in verschiedenen Gutachten Behandlungsfehler vorgeworfen worden, die zum Tod von fünf Malaria-Patienten geführt hätte. In einem der Gutachten war auch die Ethikkommission wegen der Zulassung der Studie angegriffen worden.
Weniger verhalten die Stellungnahme der Ärztelobby zu der am Mittwoch bekanntgewordenen Experimenten im AK Barmbek (taz berichtete). Dort hatte Chefarzt Peter Hoffmann, die Narkosezeit von Patienten verlängert, um eine Notfall–Maske zu testen. Für die 35 betroffenen Patienten zum Glück folgenlos, wie Ärztekammmer-Chef Frank-Ulrich Montgomery bestätigte, aber „unethisch“. „Sowas macht man nicht mit Patienten, sondern mit bezahlten Probanden“, urteilt Volker Bay, Vorsitzender der Ethik-Kommission. Die Masken-Experimente waren bei der Ethickommission nicht angemeldet und nur durch die Meldung eines Mitarbeiters des Chefarztes bekannt geworden.
Wenig freundliche Worte fand Montgomery gestern auch für die Gesundheitsbehörde. Deren Kommunikation mit der Ärztekammer sei nicht nur im Fall Hoffmann „mangelhaft“ gewesen, ihr Umgang beispielsweise mit der seit fünf Jahren im Amt schmorenden Berufsordung für Hamburger Ärzte äußerst „schlampig“. uex
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