: „Bankkrise aufarbeiten“
Die von den Grünen nominierte Wirtschaftssenatorin Juliane von Friesen will die Bankgesellschaft wieder wettbewerbsfähig machen. Zudem legt sie einen Schwerpunkt auf ökologisches Wirtschaften
Interview RICHARD ROTHER
taz: Frau von Friesen: Trotz der Kürze der Zeit, die Sie zum Einarbeiten hatten: Welche wirtschaftspolitischen Schwerpunkte werden Sie in den kommenden Monaten setzen?
Juliane von Friesen: Die Schwerpunkte ergeben sich bereits aus der Koalitionsvereinbarung: Zum einen muss die Krise der Bankgesellschaft bewältigt werden; zum anderen muss eine zukunftsfähige Struktur der Bankgesellschaft geschafen werden. Darüber hinaus werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten die Berliner Wirtschaft fördern, um sinnvolle Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Bei der angestrebten Firmenansiedlung muss die Umweltverträglichkeit ein tragendes Kriterium werden.
Noch einmal zur Bankgesellschaft: Sind Sie für die Beibehaltung des Konzerns als Ganzes, oder können Sie sich eine Splitting-Lösung vorstellen?
Wir werden uns um eine Lösung bemühen, um aus der Bankgesellschaft ein wettbewerbsfähiges Gebilde zu formen. Das Nähere wird intensiver Abstimmung bedürfen.
Als Veag-Managerin kommen Sie aus der Energiewirtschaft. In Berlin entsteht gerade unter Beteiligung der Bewag der drittgrößte Energiekonzern in Deutschland. Werden Sie diesen Prozess forcieren?
Wir werden an der Bildung einer wettbewerbsfähigen Kraft auf dem Energiemarkt am Standort Berlin konstruktiv mitwirken. Die Politik hat die Aufgabe, zu verhindern, dass die neuen Eigentümer von Bewag und Veag sich in Machtquerelen verstricken zu Lasten Berlins und der Beschäftigten des künftigen nordostdeutschen Stromverbundes. Das hindert uns aber nicht, an der Solarstadt Berlin und den zahlreichen Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung festzuhalten.
Ihre Herkunft, die Veag, steht für die Verstromung von Braunkohle; das ist nicht gerade ein Essential grüner Politik. Sehen Sie Differenzen zur Parteibasis?
Die politische Entscheidung für die Braunkohle ist getroffen worden, um in der strukturschwachen Lausitz eine gewisse Anzahl von Arbeitsplätzen zu sichern. Ich selbst bin nie als Vorkämpferin einer bestimmten Art, Energie zu erzeugen, in Erscheinung getreten. Bei meiner Nominierung durch den Landesverband gab es deshalb auch keine größeren Vorbehalte, aber ich sage deutlich: Ich habe mich nie geschämt, für die Veag zu arbeiten.
Die Privatisierungsverhandlungen für den neuen Großflughafen laufen auf Hochtouren; bei den Grünen gibt es Vorbehalte hinsichtlich der Größe des Projektes. Machen Sie sich für den Flughafen am Standort Schönefeld in seiner jetzigen Konzeption stark?
Hier ist der Gesamtsenat gefragt, und wir werden uns auch in der Übergangsphase intensiv darum kümmern. Ich bin als Wirtschaftssenatorin allerdings nicht primär zuständig für das Projekt Großflughafen, werde es aber mit Interesse begleiten.
Ihr Vorgänger Wolfgang Branoner (CDU) hat sich insbesondere um die Ansiedelung von New-Economy-Firmen in Berlin bemüht. Knüpfen Sie daran an, oder soll mehr Augenmerk auf den Erhalt der industriellen Basis gelegt werden?
Wir benötigen beides. Wir brauchen eine Intensivierung der Ansiedlungsbemühungen bei zukunftsträchtigen Unternehmen – sowohl im industriellen als auch im Dienstleistungsbereich. Wir wollen aber vor allem im Bereich Umweltwirtschaft Akzente setzen – das sind Zukunftsmärkte, die langfristig Arbeitsplätze in der Stadt und in der Region sichern.
Wollen Sie die Vergabe öffentlicher Aufträge an Umweltkriterien koppeln?
Warum nicht? Aber man muss aufpassen, dass man die Vergabepolitik nicht überfrachtet. Abgesehen davon existieren bereits umweltbezogene Vergabekriterien.
Sie wollen gleichstellungspolitische Fragen in der Vergabepolitik stärker berücksichtigen.
Mit dem Landesgleichstellungsgesetz haben wir bereits eine Grundlage zur Frauenförderung in den Betrieben.
Ihr Vorgänger Wolfgang Branoner ist ein großer Fan der Love Parade, einer Werbeträgerin der Stadt. Werden Sie auch mitraven?
Nein, da bin ich zu lärmempfindlich.
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