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Bambule: Ein Formfehler mit Folgen

■ Karoviertel: Bauwagenbewohner gewinnt Prozeß gegen Bezirksamt Von Kai von Appen

Im Konflikt um die Bauwagenburg „Bambule“ an der Vorwerkstraße (Karoviertel) gibt es neben dem verkündeten politischen Moratorium nun auch ein juristisches Räumungsverbot. Überraschend hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) der Klage eines Bauwagenbewohners nachgegeben, der sich gegen die vom Bezirksamt Mitte angekündigte Räumung wehrt.

Zu dem unerwarteten Richterspruch, der gestern bekannt wurde, kam es, weil das Bezirksamt in dem komplizierten Rechtsstreit einen Formalfehler begangenen hatte. Wie in allen Fällen hatte die Behörde sowohl Räumungsverfügungen gegen die „Eigentümer“ als auch gegen die „Bewohner“ erlassen. In diesem Fall war das Bezirksamt davon ausgegangen, daß „Bewohner“ und „Eigentümer“ identisch seien. Doch während des Verfahrens stellte sich das Gegenteil heraus, das Bezirksamt zog die Verfügung gegen den namentlich benannten „Eigentümer“ zurück, ohne eine neue zu erlassen.

Ein Formfehler mit Folgen. In diesem Verfahren, so die Richter, ginge es darum, den „Bewohner“ dazu zu bewegen, eine mögliche Räumung durch den „Eigentümer“ zu dulden. Da der „Eigentümer“ aber mittlerweile gar nicht mehr zur Räumung verpflichtet werden solle, entfalle für den „Bewohner“ auch die Verpflichtung, „die Wohnungsnutzung aufzugeben“.

„Bambule“-Anwalt Manfred Getzmann wertet den Richterspruch als Erfolg, auch wenn er nur auf einem Formfehler basiere. Getzmann: „Das ganze Räumungsverfahren muß nun von vorne beginnen, einige Monate werden dabei schon ins Land gehen.“ Das vorige Räumungsverfahren hat fast ein Jahr gedauert. Zudem verweist der Jurist auf den Richterspruch eines anderen Senats, der das Bauwagengesetz aus dem Jahre 1959 als antiquiert bezeichnet hatte.

Auch das Bezirksamt Mitte geht davon aus, daß der Rechtsstreit wieder ganz von vorne beginnt. Rechtsdezernent Georg Cramer: „Mit der OVG-Entscheidung muß für einen Bauwagenbewohner das Verfahren neu aufgerollt werden.“ Anwalt Getzmann hofft, daß die Polizei sich nun weigern werde, eventuell fünf Gefährte zu räumen, wenn der sechste Wagen stehenbleiben darf.

Unterdessen hat die Stadtentwicklungsbehörde (Steb) Berichte dementiert, wonach Staatsrätin Barbara Maier-Reimer eine „Liberalisierung des Bauwagengesetzes“ in Aussicht gestellt habe. Es würden lediglich in Abstimmung mit dem Bezirk Gespräche zur „zügigen Lösung des Konfliktes“ geführt. Für das Wohnwagengesetz sei die Steb gar nicht zuständig.

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