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Archiv-Artikel

Bären auf dem Eis

Geld gibt es, Leistung auch – und auf das Renommee arbeiten sie hin: Die Eishockey-Spieler der Wolfsburger Grizzly Adams planen systematisch den Erfolg. Nummer zwei im Norden sind sie schon

VON CHRISTOPH ZIMMER

Das Wolfsburger Modell ist einfach. Es braucht eine Mannschaft, die sich in Disziplin und Spielklasse jenseits breiter öffentlicher Wahrnehmung bewegt und von der man glaubt, dass sie tauglich für den ganz großen Sport ist. Multipliziert wird sie mit dem besonderen Faktor der Stadt, der Volkswagen heißt und den sportlichen Aufstieg finanziell potenziert. Die Grizzly Adams Wolfsburg stehen nach dem 6 : 2 (2 : 0; 1 : 1, 3 : 1) in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gegen Ingolstadt vor dem größten Vereinserfolg; dem Erreichen der Pre-Play-offs und dem Einzug in das Pokalfinale.

Die finanzstarke Konstante im Hintergrund ist dieselbe wie bei den Fußballern des VfL. Es ist Volkswagen, dessen beinahe 100-prozentige Tochter auf dem Rasen binnen weniger Jahre aus der Peripherie Oberliga ins Zentrum Bundesliga vorgerückt ist. VW-Tochterunternehmen Skoda hat dem gebeutelten Eishockey als Hauptsponsor seit 1998 wieder auf die Beine und zu zwei wirtschaftlich vorbereiteten Aufstiegen bis in die DEL (2003 / 2004) geholfen.

Denn die Stadt Wolfsburg sehnt sich nach beständigem Eishockey. Volkswagen hat diese Lücke entdeckt. Vereine, Spieler und Funktionäre wechselten sich seit 1983 stetig ab. Konkurse und mäßige Darbietungen sorgten für Verstimmung und fallende Besucherzahlen. Grizzly Adams, 1995 aus einem Fanclub heraus gegründet, ist der vierte und bisher erfolgreichste Verein, der sein Glück in der Eisarena sucht. Dank der jüngsten Ergebnisse hofft man neben wirtschaftlicher auch wieder auf sportliche Kontinuität.

Doch das Projekt des Großkonzerns, in Wolfsburg ein weiteres Aushängeschild im Spitzensport auf dem Markt zu platzieren, drohte 2005 zu scheitern. Die Klasse wurde in der ersten DEL-Saison gehalten. Die Eisarena widersprach aber den Auflagen für erstklassigen Sport. Das Plastikdach der maroden Halle war undicht, das Fassungsvermögen zu gering. Weil nach Lizenzentzug und Zwangsabstieg sogar das komplette Aus des Eishockeys im Raum stand, sprang Skoda bei der Finanzierung des Umbaus der Eisarena ein, der im September 2006 abgeschlossen wurde und den infrastrukturellen Grundstein für den zweiten DEL-Aufstieg 2007 legte. Gegen Ingolstadt waren 2.039 der jetzt insgesamt 4.500 Plätze belegt. Diese Zahl liegt knapp unter dem Saisonschnitt.

Alleiniger Gesellschafter der 2004 gegründeten EHC Wolfsburg Grizzly Adams GmbH ist der Stammverein von 1992. Die VW-Sportförderung stemmt aber gemeinsam mit Skoda das Gros des 4,5 Millionen-Euro-Etats. „Der ist uns auch für die nächste Saison zugesagt worden“, sagt Marketingleiter Rainer Schumacher. Für die nächste Spielzeit herrscht also Planungssicherheit.

Offensiv ist auch der Stil der Grizzlies. Hinter Tabellenführer Hannover Scorpions und vor den in der Mittelmäßigkeit versunkenen Hamburg Freezers ist man gegenwärtig die Nummer zwei im Norden. Die Grizzlies suchen schnell den Abschluss, was manchmal verzweifelt wirkt, aber hinter Berlin den effektivsten Sturm auf die Liga bedeutet.

Gegen Ingolstadt, das die gleichzeitig vernachlässigte Defensive nur zweimal ausnutzen konnte, hatten sie auf diese Art sechsmal Erfolg. „Die Mannschaft hat die Geduld nicht verloren und hervorragend gekämpft“, urteilt Trainer Anton Krinner. „Das waren drei wichtige Punkte gegen einen direkten Konkurrenten.“ Denn Platz zehn, der die Qualifikation für die Pre-Play-offs bedeutet, wollen sie unbedingt behaupten.

„Solide wirtschaftliche Arbeit und sportlicher Erfolg helfen, das Vertrauen der Zuschauer in das Eishockey in Wolfsburg zurückzugewinnen“, glaubt auch Schumacher. Das Abschneiden auf dem Eis könnte dazu beitragen, dem Wolfsburger Modell in zweierlei Hinsicht Raum zur Entwicklung zu geben: in Sachen Tradition und bei der Fankultur.