BUSH NUTZT DROHUNG AL-QAIDAS, UM STRATEGIEDEBATTE ZU VERMEIDEN : Sturheit, dumm und gefährlich
Es ist eine ungewöhnliche Ehrung: Wie auf die diplomatische Note eines Staatschefs hat US-Präsident George W. Bush auf die Video-Botschaft des Bin-Laden-Vertrauten Aiman al-Sawahiri geantwortet. Dessen Rede zeige klar, so Bush, dass der Krieg im Irak und der Krieg gegen den Terror ein und dieselbe Sache seien. Ein Einknicken im Irak könne daher nicht in Frage kommen.
Was Bush mit solchen Äußerungen bezweckt, ist klar: Während die Zustimmung zu seiner Irakpolitik in der US-Bevölkerung laut neuesten Umfragen auf historischem Tiefststand ist, kommen die Drohungen eines bärtigen Kalaschnikow-Trägers gerade recht. Wenn die eigenen Erfolge im Irak fehlen, muss der Verweis darauf, dem Feind nicht nachgeben zu wollen, das Durchhalten begründen.
Damit steht auch in der innenpolitischen Debatte jeder als Weichei da, der auf eine zügige Rückzugsstrategie drängt. Und so viele gute Argumente es auch gibt, schon immer gegen den Irakkrieg gewesen zu sein und ihn bis heute – auch wegen seiner Mobilisierungswirkung für terroristische Organisationen – für falsch zu halten: Schiere Angst vor dem Terror wäre der denkbar schlechteste Grund.
Insofern haben sich auch jene britischen Linken – und als einziger deutscher Politiker Hans-Christian Ströbele – auf eine argumentative Schieflage gebracht, die nach den Anschlägen des 7. Juli aus Gründen der eigenen Sicherheit den Abzug der Truppen aus dem Irak forderten oder sich glücklich schätzten, keine Truppen dort zu haben. Denn selbst wer den Terror nicht für militärisch besiegbar hält und Motive begreifen und bekämpfen will, darf den Mördern und Bombenlegern nicht ihren Erfolg bestätigen und sie zum Weitermachen einladen. Appeasement geht nicht.
Und dennoch: Bush wird die neuen Drohungen auch dazu nutzen, keine Debatte über Politik und Strategie führen zu müssen. Wer aber auf einen flexibel agierenden Feind nur mit sturem Durchhalten reagiert, der könnte sich am Ende als zu dumm für diesen Kampf erweisen. Und das wäre wirklich eine Katastrophe. BERND PICKERT