: BUND kritisiert Verbraucherschutz
■ Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert eine Schadstoffhöchstmengenverordnung/Gefährliche Lieblingsessen
Bonn (dpa) - „Löchrig wie ein Schweizer Käse“ sind die Regelungen zum Verbraucherschutz vor Schadstoffen in Lebensmitteln. Das erklärte am Donnerstag ein Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf einer Pressekonferenz in Bonn zur Frage von Chemikalien in Lebensmitteln. Der BUND und die meisten Verbraucherzentralen fordern deshalb eine Schadstoffhöchstmengenverordnung mit Grenzwerten für den Gehalt von Schwermetallen, PCB (polychlorierte Biphenyle) und anderen wichtigen organischen Schadstoffen in Lebensmitteln sowie für Nitrat. Experten des BUND wiesen darauf hin, daß in der Bundesrepublik beispielsweise die von der Weltgesundheitsorganisation als duldbar angegebene Aufnahme von Cadmium zu durchschnittlich 45 und von Blei zu fast 30 Prozent ausgeschöpft werden. „Nicht– Durchschnitts–Menschen“, die mehr Leber, Pilze, Grünkohl oder Sellerie essen würden als andere, überschritten diese Grenzwerte aber sehr schnell. Auch eine Tierarzneimittel– Zulassungsverordnung, in der sämtliche zugelassenen Wirkstoffe aufgelistet sein müßten, forderten die Experten. BUND und Verbraucherzentralen sprachen sich schließlich für die Stillegung hochbelasteter landwirtschaftlicher Böden aus. Dazu zählten erfahrungsgemäß Überschwemmungsgebiete sowie Immissionsbereiche bestehender oder früherer Hüttenbetriebe und der metallverarbeitenden Industrie. Nach dreijähriger Vorbereitung kritisierte der BUND vor allem die Situation im Tierarzneimittelbereich. Verursacht durch Massentierhaltung habe die Verbreitung von Infektionen bei Nutztieren zugenommen. Die Ausgaben für Tierarzneimittel hätten sich in zehn Jahren nahezu verdoppelt. Der legale Markt habe heute einen Gesamtumsatz von vier Milliarden Mark. Dazu kämen noch illegale Umsätze von mindestens 200 Millionen Mark. Auch mit einer noch so guten analytischen Ausstattung könne ein Lebensmittel heute nicht auf sämtliche 300 zugelassenen Pestizide und 250 Arzneimittelwirkstoffe überprüft werden, stellt der BUND außerdem fest. Es könne deshalb durchaus passieren, daß trotz Prüfung noch Rückstände vorhanden seien. Rückstandsfrei bedeute deshalb immer nur „nach dem Umfang der durchgeführten Analysen“. Der BUND und die Verbraucherzentralen befürchten außerdem eine Harmonisierung der Schutzstandards auf dem untersten Niveau durch die Verwirklichung des „Europäischen Binnenmarktes“.
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