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BGS wollte Kinder abschieben

■ Bundesgrenzschutz fängt Kinder am Flughafen in Hannover ab / Rechtsanwalt konnte sofortige „Zurückschiebung“ verhindern / Sprecher des Grenzschutzes: „Geschickte Art der Einschleusung“

Hannover (taz) - Noch bis kommenden Freitag will der Bundesgrenzschutz sieben türkische Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren in einer hannoverschen Kaserne in Gewahrsam halten. Die Kinder sind Opfer eines Erlasses des Bundesinnenministeriums. Danach sollen alle Kindern unter 16 Jahren sofort abgeschoben werden, die ohne Begleitung Erwachsener aus bestimmten Ländern einreisen. Die Kinder waren am Samstag aus Istanbul auf dem Flughafen Hannover angekommen. Dort wurden sie von Verwandten erwartet. Die Kinder hatten alle Erklärungen der Eltern mit, in denen den Verwandten die Erziehungsberechtigung übertragen wird. Die sofortige Zurückschiebung wurde nur verhindert, weil einer der Verwandten vorsorglich einen Rechtsanwalt mitgebracht hatte. Dieser erwirkte in Gesprächen mit dem Bundesinnenministerium, daß die Abschiebung erst einmal ausgesetzt wurde. Die Kinder wurden in eine Bundesgrenzschutzkaserne verfrachtet, wo sie nun „von Beamten einer BGS– Fernmeldehundertschaft betreut“ werden. Rechtsanwälte haben inzwischen für die Jungen und Mädchen Asylanträge gestellt und beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Zurückschiebung beantragt. Das Verwaltungsgericht zweifelt aber daran, ob die Anwälte die Kinder überhaupt vertreten dürfen. Ein Sprecher des Grenzschutzes bezeichnete gestern die Einreise von Kindern unter 16 Jahren, für die keine Visa–Pflicht besteht, als „geschickte Art der Einschleusung“. Wenn die Kinder Asyl erhalten hätten, würden sie ihre Eltern im Wege der Familienzusammenführung nachholen. Dem widersprach gestern der Grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann. Für Asylberechtigte gebe es, so Kempmann, leider gar kein Recht auf Familienzusammenführung.

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