BBC, ZDF und Co im Netz: Internet-TV wird attraktiv
Die BBC stellt mit dem "iPlayer" große Teile des TV-Programms zum Download bereit. ARD und ZDF waren schneller - aber weniger konsequent.
BERLIN taz Die öffentlich-rechtliche BBC hat erstmals Zahlen zu ihrem Internet-Fernsehdienst "iPlayer" vorgelegt. Seit dem offiziellen Start zu Weihnachten wurden demnach mehr als 3,5 Millionen Programme angeschaut. Bislang haben mehr als 1 Million Nutzer die Videothek im Internet benutzt, meldet BBC. Im "iPlayer" werden große Teile des BBC-Angebotes von "Dr. Who" bis "Top Gear" online gestellt: Um die 250 Sendungen der jeweils jüngsten sieben Tage können heruntergeladen und bis zu einen Monat angeschaut werden.
Eigentlich sah es zunächst nicht danach aus, dass das Projekt ein Erfolg würde. Vier Jahre lang tüftelten die BBC-Entwickler zusammen mit externen Firmen. Im Juli kam es dann erstmals zu einer offenen "Beta"-Phase des Dienstes, zunächst für Windows-Rechner. Seit Dezember ist das Angebot nun wirklich "live" - ergänzt durch ein Streaming-Modul, über das nun auch Linux- und Mac-Nutzer auf erste Inhalte zugreifen können. Bis sie sich Sendungen auch herunterladen können, wird es jedoch noch einige Zeit dauern - die BBC setzt bislang auf einen nur unter Windows verfügbaren Rechteschutzmechanismus.
Die Sendergruppe freut sich laut eigenen Angaben besonders darüber, dass mit dem "iPlayer" Material eine größere Plattform finde, das sich sonst im allgemeinen Flimmern und Rauschen der diversen Kanäle "versenden" würde: Die Hälfte der Downloads und Streams stammen laut BBC nicht aus den Top 50-Shows.
Wer außerhalb der britischen Inseln lebt, bekommt von all den schönen Programmen allerdings nichts mit: Aufgrund der Rechtesituation hat sich die BBC entschlossen, das "iPlayer"-Material nur für diejenigen freizugeben, die über eine Internet-Herkunftsadresse aus dem Vereinigten Königreich verfügen. Dieses so genannte "IP-Filtering" ist ein Spielchen, das europäische Nutzer bereits von US-Videodiensten zur Genüge kennen - dadurch wird das weltweite Internet, in dem eigentlich jeder alles zu Gesicht bekommen soll, zerrissen.
In Deutschland kommen die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren Videoplänen langsamer in die Gänge als die BBC - auch deshalb, weil jeder Versuch, das Internet-Angebot auszuweiten, auf Widerstand seitens der privaten Medien trifft. Dabei gelten PCs seit Anfang des Jahres als Empfangsgeräte und müssen, sollten keine Fernseher vorhanden sein, angemeldet werden - der Zuseher bezahlt also bereits für das Angebot.
Am unübersichtlichsten sind derzeit noch die Angebote der ARD: Zwar bieten viele Sendungen etwa aus dem Service- Bereich einzelne Videos, eine gemeinsame Plattform mit allen Inhalten fehlt trotz Ankündigung aber noch. Fazit: Die Qualität und Bedienerfreundlichkeit unterscheidet sich von Anstalt zu Anstalt stark.
Bereits vergleichsweise gut gefüllt ist hingegen die "Mediathek" des zentralisierten ZDF - große Teile des eigen- und coproduzierten Programmes gehen inzwischen innerhalb kürzester Zeit online. So kann man etwa "heute" genauso online sehen wie Reportagen des Senders, etwa kürzlich Günter Wallraffs Ausflug in die Callcenter-Szene.
Die Programme stehen zwar nicht wie bei der BBC zum Download bereit, doch lassen sie sich jeder Zeit anhalten und zurückspulen. Die Bildqualität beim ZDF-Angebot ist hoch, eingesetzt wird unter anderem das moderne Kompressionsverfahren MPEG-4. Wer über eine Breitbandanbindung ins Internet verfügt, merkt bei einer Vollbilddarstellung dadurch nicht mehr, dass er vor einem Computer sitzt - die mit Internet-Videos lange assoziierte "Briefmarkendarstellung" ist längst Vergangenheit.
Die "Mediathek" scheint gut anzukommen. Bereits beim Start im September kam es pro Tag zu einer halben Million Abrufen; aktuellere Zahlen konnte (oder wollte) die Pressestelle des Senders gegenüber taz.de nicht nennen. Problematisch bleibt allerdings die Rechtefrage. So ist das Einstellen von Spielfilmen vorerst nicht denkbar, weil die Online- Nutzung noch eher selten Teil solcher Verträge ist. Bei Produktionen, an denen das ZDF direkt beteiligt ist, etwa dem aufwendigen Vierteiler "Krieg und Frieden", sieht das bereits anders aus: Auch er ging bald nach der Erstaustrahlung online.
Bei der privaten Konkurrenz gilt RTL als führend: Hier hat man mit "RTL Now" ein eigenes Gratis-Videoportal gestartet, in dem der Zuschauer "Supernanny", "Alles was zählt", "Ich bin ein Star" & Co. nachbetrachten kann. Es wirkt allerdings etwas unübersichtlicher als die öffentlich-rechtliche Konkurrenz, weil unter die vielen kostenlosen Inhalte auch einige kostenpflichtige gestreut sind. Mac-Benutzer müssen außerdem zum Browser Firefox greifen, weil Apples Standard-Software Safari nicht unterstützt wird.
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