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■ SPD und StrategieAusweg Neuwahlen?

Die Drehbücher sind noch nicht geschrieben, aber das Drama der Berliner SPD zeichnet sich in Umrissen bereits ab. Was, wenn sich die Prognosen bewahrheiten und die SPD am 22. Oktober weit unter 30 Prozent landet? Welche Rolle könnte eine geschwächte SPD in einer dann zu erwartenden Großen Koalition überhaupt noch spielen? Bei der verfassungsgebotenen Verkleinerung des Senats von 15 auf 10 Sitze würde sich ihr Anteil nach der Logik der Machtarithmetik bis zur Schmerzgrenze reduzieren. Nun wird die CDU in solch einem Fall schon aus Gründen der Machtbalance ihren lädierten und auf lange Sicht (einzigen) Partner kaum mit den unbedeutendsten Posten abfinden. Dennoch bliebe die SPD ein Juniorpartner im (schlechtesten) Sinne des Wortes.

Wiederholt hat die Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer deutlich gemacht, daß es ihr um das Wohl der Stadt gehe. Wer aber glaubt, der Stadt mit Hilfe einer Großen Koalition Stabilität zu verschaffen, braucht zunächst eine starke Partei. Wenn sie von den Wählern abgestraft wird, muß sie sich um Neuorientierung bemühen. Doch welche Optionen hat die SPD? Vier weitere Jahre im Schatten Diepgens würde den inhaltlichen Auszehrungsprozeß beschleunigen und die Partei auf den denkbar unattraktivsten Part reduzieren: den eines Sozialarbeiters. Stützt sie aus der Opposition heraus eine CDU-Minderheitsregierung, fände sie sich ungewollt mit der PDS auf einer Bank wieder. Als einzige Alternative bliebe der baldige Austritt aus der Großen Koalition, um in Neuwahlen die Chance zu suchen. Das aber setzt nicht nur Mut, sondern auch Gespür für den richtigen Moment voraus. An beiden, so scheint es, mangelt es derzeit der SPD. Severin Weiland

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