: Außer sich vor Wut schreit Mohamed „Skandal“
■ Das biedere Team des Gastgebers Burkina Faso erreicht mit einem zweifelhaften 1:0 über Guinea das Viertelfinale des Afrika-Cups – macht sich damit aber außerhalb des Landes kaum neue Freunde
Ouagadougou (taz) – Kurz nach dem Schlußpfiff war im „Stade de 4 Août“ in Ouagadougou der Teufel los. Tausende hangelten sich die drei Meter hohe Balustrade der Tribünen herunter und verwandelten den Rasen in eine riesige Tanzfläche. Da durften die in Burkina Fasos Hauptstadt an jeder Straßenecke und ganz besonders im Stadion zahlreich vertretenen Ordnungskräfte zeigen, was sie zu leisten imstande sind. Polizisten und Soldaten in blauer, olivgrüner oder sandfarbener Uniform jagten die wogenden Leiber mit Stockschlägen quer durchs Stadion. Planlos erst, später sie zu den Ausgängen dirigierend.
Was war passiert? Durch einen 1:0-Erfolg über Guinea, den der lange Romeo Kambou (86.) per Kopf sicherte, gelang Gastgeber Burkina Faso, wie auch Ägypten und Kamerun, der Einzug ins Viertelfinale der 21. Afrikameisterschaften. Eine biedere Mannschaft, die noch in der Qualifikation zur Fußball-WM in Frankreich alle Gruppenspiele verlor, war vor heimischer Kulisse über sich hinausgewachsen. Könnte man meinen. Die Emotionen erreichten jedoch nicht nur im Stadioninneren, sondern auch im Kabinengang Höchstwerte. „Skandal“, schrie Mohamed Camara außer sich vor Wut auf dem Weg zum Bus, „Skandal! Glückwunsch an euren Fußball-Verband!“ Ein Vorwurf, der die patriotischen einheimischen Journalisten animierte, dem für Le Havre tätigen Nationalspieler Guineas fast an die Wäsche zu gehen.
Es hilt aber nichts: Beiden Siegen Burkinas (nach der Auftaktniederlage gegen Kamerun) haftet mehr als nur ein „Geschmäckle“ an. Als gegen Algerien gar nichts mehr ging, schenkte der Gabuner Schiedsrichter Alain Moungucngui den Gastgebern einen Elfmeter. Kassoum Oucdraogo war in der 65. Minute beim Versuch eines Hackentricks über die eigenen Füße gestolpert. Von einem Gegenspieler war weit und breit nichts zu sehen. Der „Gefoulte“ nutzte das Geschenk zum Führungstreffer.
Bei Guinea war Pablo Thiam Leidtragender der Willkür von Pfeifenmann Omer Yengo aus Kongo-Brazzaville. Nach einem harmlosen Foul nahe der Mittellinie starrte der Kölner fassungslos die rote Karte in der rechten Hand des Unparteiischen an (39). Der Weg vom Platz führte nicht zur eigenen Bank, sondern direkt zu den Verbands-Funktionären, denen Thiam höhnisch Beifall klatschte.
„Der Grund für unseren Erfolg war: Wir haben gespielt, um zu gewinnen“, dozierte später Burkinas Trainer Philippe Troussier. Kunststück! Gegen einen Gegner, der bei brutaler Hitze nur noch zu Zehnt spielt und dem ein Unentschieden weiterhilft. Die Fortsetzung der nunmehr achtjährigen afrikanischen Erfolgsstory des „Sorcler Blanc“ aus Frankreich könnte diesmal weniger an seiner „weißen Magie“ als an der Magie des Mammons gelegen haben.
Ein Afrika-Cup ist nun mal kein Selbstläufer wie eine WM oder EM. Der (finanzielle) Erfolg der Veranstaltung steht und fällt mit dem sportlichen Abschneiden des Gastgebers. Harald Gaubatz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen