: Außen hui, innen pfui
betr.: „Sparhaushalt für die ‚Ärmsten der Armen‘“, taz vom 18.12.2004
Die Ratsmitglieder im Kölner Rathaus waren bei ihrer Sitzung so kurz vor Weihnachten mehr oder weniger empört, und das über die Fraktionsgrenzen hinweg. Was, um Himmels Willen, war denn nur der Anlass für eine solche Betroffenheit? Aus der Sicht der Ratsmitglieder hatte der Ratsherr Claus Ludwig (Gemeinsam gegen Sozialraub) die Verhinderung des Weltjugendtages verlangt!
Man stelle sich vor, der Papst kommt nach Köln, die ganze Welt blickt auf unsere schöne Stadt und die Stadt gibt kein Geld dazu. Wie herzlos doch Politiker sein können. Endlich einmal haben unterprivilegierte, arme Jugendliche aus der ganzen Welt die Möglichkeit, in einer Weltstadt eine schönere, bessere Welt zu erleben, wo man Armut und soziale Benachteiligung endlich einmal vergessen kann.
Und da kommt nun Herr Ludwig im Auftrag seiner Gesinnungsgenossen von „Gemeinsam gegen Sozialraub“ daher und verlangt, die Stadt solle die Kosten für die Veranstaltung in Rechnung stellen und mehr Geld für soziale Dienstleistungen zu Verfügung zu stellen. Ungeheuerlich! Hofft man doch die städtischen Finanzen eben durch das Schröpfen der Ärmeren zu retten und die Reichen zumindest unangetastet zu lassen und deren gute Laune nicht zu verderben.
Diese Stadt, die sich gerne so weltoffen und freigebig zeigt, soll auf einmal knauserig sein? Man kann doch nicht im Ernst verlangen, dass diese Stadt vor aller Welt eingesteht, dass sie arm ist, ja pleite!? Die Weltöffentlichkeit würde nach Gründen fragen und vielleicht sogar zu der Vermutung neigen, das die Verantwortlichen dieser Stadt nicht mit Geld umgehen könnten, zumindest nicht im Sinne der Normalbürger.
Nein – lassen wir solche Gedanken erst gar nicht aufkommen. Solches Denken wird vielleicht mehr oder weniger die Sprecher der Fraktionen bewegt haben, zuhauf verbal über das Ratsmitglied von „Gemeinsam gegen Sozialraub“ herzufallen und diesen Antrag abzulehnen. HEINZ LINDER-RABENTE, Köln