■ Mit dem Kosovo auf du und du: Aussaugen gescheitert
Die serbische Wirtschaft liegt am Boden. Es gelingt ihr nicht einmal mehr, ihre „innere Kolonie“, den Kosovo, wirkungsvoll auszusaugen. Im Kosovo leben zwei Millionen Menschen, rund 90 Prozent von ihnen sind AlbanerInnen. Als Präsident Slobodan Milošević im Jahr 1989 die Autonomie des Kosovo durch das serbische Parlament aufheben ließ, war dies der Startschuß für die großserbische Aggression. Inzwischen setzt sich eine Exilregierung mit breiter Unterstützung der albanischen Bevölkerung für einen unabhängigen Staat Kosovo ein. Ein Anschluß an das benachbarte, doppelt so große Albanien ist nicht geplant.
Die ökonomischen Grundlagen für einen uanbhängigen Staat wären nicht so ungünstig, wie die Lage des Kosovo als traditionelles Armenhaus Jugoslawiens vermuten läßt. Der Kosovo ist reich an Rohstoffen wie Blei, Zink und Bauxit. Dem serbischen Staat gelingt es allerdings nicht, diese Bodenschätze zu nutzen. „Nach der Aufhebung des Autonomiestatuts wurde ein Großteil der albanischen Arbeiter entlassen, weil sie sich der ökonomischen Integration des Kosovo in den serbischen Staat verweigerten. Seither liegen viele Gruben still“, erklärt Valdet Bislimi vom Kosovo Informationszentrum in Stuttgart, das der Exilregierung nahesteht. Als Beleg für die kolonisatorischen Absichten der serbischen Seite verweist er auf den Umgang der Serben mit den beiden großen Kohlekraftwerken des Kosovo in Obilic, nahe der „Hauptstadt“ Priština. „Der Großteil des dort produzierten Stroms wird nach Serbien geleitet oder sogar nach Griechenland und Makedonien exportiert. In den albanischen Dörfern des Kosovo bricht dagegen oft wochenlang die Energieversorgung zusammen“, klagt Bislimi. Die Aufrechterhaltung der Rohstofförderung durch serbische Ersatzarbeitskräfte scheiterte in der Regel, da sich die Serben nicht mit den Anlagen auskennen. Auch von der schon zu Autonomiezeiten nicht sehr starken Industrieproduktion ist nicht viel geblieben. „Rund 60 Prozent der Fabriken wurden von den Serben demontiert“, schätzt Bislimi, „es steht nur noch so viel, daß die Serben des Kosovo Arbeit finden.“
Die Menschen im Kosovo überleben vor allem durch einfache Landwirtschaft und Zuwendungen von Kosovo-AlbanerInnen, die im Ausland leben, viele davon arbeiteten schon zu jugoslawischen Zeiten in Westeuropa. Inzwischen hat die Exilregierung einen Fonds eingerichtet, in den alle im Ausland lebenden Kosovo-AlbanerInnen 3 Prozent ihres Einkommens einzahlen. Davon werden besonders notleidende Familien unterstützt und Lehrer des illegalen albanischen Schulsystems bezahlt. Christian Rath
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