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Ausgelassene Grüße

■ Autor Franz Dobler gab Leseproben und Erklärungen in der Prinzenbar

gab Leseproben und Erklärungen in der Prinzenbar

Im Gegensatz zu dem kauzigen Bärbeißer auf dem Pressefoto saß im Scheinwerferlicht der Bühne der Prinzenbar ein gutaussehender Mann. Der begann seine Lesung mit einer Liste von Grüßen, die von Anfang an den Unterschied zwischen Literatur und Lahmarschigkeit klarmachten. Franz Dobler schickte einen Gruß für sein derzeitiges Lieblingslied „Corinna“ an die Wahlhamburger Gruppe Die Regierung, und bedachte im selben Atemzug noch den Bundespräsidenten von Weizsäcker, der bei den jüngsten Feiern in Berlin „linke Schreihälse und rechte Gewalttäter“ auf die gleiche, unakzeptable Stufe gestellt hatte.

1An den Tempo-Kolumnisten Peter Glaser erging die Bitte, endlich wieder ein Buch zu veröffentlichen. Bei dem Konkret-Autoren und Schriftsteller Matthias Altenburg, dessen Beiträge wie die von Ernst Kahl bisher ein Grund zum Erwerb der Zeitschrift, zog Dobler eine Grenze. Altenburg hatte in einem Artikel für das größte deutsche Nachrichten-Magazin die Misere deutscher Schriftsteller eher postuliert als belegt, so daß sich Dobler dessen Forderung, Literatur müsse „das Leben packen“, nicht mehr anschließen wollte.

Bei den folgenden Auszügen aus seinem 1991 in der Hamburger edition Nautilus veröffentlichten Roman 1

2Tollwut erläuterte Dobler, daß über die Stadt Dachau und ihre Bewohner zu schreiben, nicht nur mit einer Beteiligung an der gemütlichen Petition „Vergangenheitsbewältigung“ zu tun hat. Da das Konzentrationslager „Jetzt!Da!Ist!“, kann es bei einer Aufwicklung des Plots kaum ausgelassen werden.

Die Brücke zum Alltagsleben schlug Dobler mit einer Schilderung von Spaziergängen ab zwei Uhr morgens, bei denen die regelmäßigen Erkundigungen zur Staatszugehörigkeit mal leberwurstig mit „Man wird ja wohl noch fragen dürfen!“ herangetragen, mal selbstbewußter mit einem „Bist du ‘n Türke?“ an ihn gestellt werden. Die Geschichten zu erzählen, weil sie sich ereignen, und nicht um Literaturleichen zum Beispiel des modernen Romans zu exhumieren, blieb ein Eindruck der Auslassungen Franz Doblers.

Daß Selbstreflexivität nicht heißt, in allen umgebenden Details Originalität zu entdecken, und eine „Metaebene“ zu erreichen nicht bedeutet, sprachlich über die „Funktion des Semikolons“ (Thomas Hettche) niederzukommen, konnte dann auch jeder als freundliche Aufforderung mit nach Hause nehmen. Kristof Schreuf

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