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Ausgehen und rumstehen von Andreas HartmannWer will noch abends in stickige Indoor-Locations?

Für einige mag das inzwischen überraschend sein, aber bei einer Demo gegen die Klimakrise muss man sich nicht zwangsläufig auf der Straße festkleben. Der „Karneval für die Zukunft“, der am Samstag durch die Stadt zog und bei dem sich immerhin auch die für eine verschärfte Gangart im Umweltschutzaktivismus stehenden Extinction Rebellion mit einreihten, versuchte sich somit an einer etwas gemäßigteren Neudefinition des Straßenprotests.

Man setzte auf althergebrachtes Latschen (die etwas Älteren und Teilnehmende an Fridays- for-Future-Demos werden sich erinnern), legte dann aber auch immer wieder Stopps ein, um Performances aufzuführen. Gewissermaßen klebte der Demozug an bestimmten Stellen dann fest. Als ich am Nachmittag auf den Karneval am Kottbusser Tor stieß, war gerade Performance angesagt und es wurde der Showteil „Müll“ aufgeführt. Zwei Personen tanzten dabei und interpretierten das Thema wahrscheinlich eher abstrakt, denn wo es hier genau um die Sauereien der Wegwerfgesellschaft ging, konnte ich nicht klar erkennen. Aber dass das Demo-Konzept auch bei der ganz jungen Generation gut ankam, die noch so richtig viel Zukunft vor sich hat, ließ sich daran erkennen, dass so viele Kinder zugegen waren. Wahrscheinlich ließen sich die einfacher zur Teilnahme an einer Demonstration (langweilig!) mit dem Versprechen bequatschen, es gehe nun eher zu einer Art Straßenzirkus, als damit, dass man nun für eine bessere Welt durch Kreuzberg und Neukölln stapfen werde.

Um solche Dinge wie Performance-Kunst und Tanz erleben zu können, muss man in Berlin also gar nicht unbedingt abends in irgendwelche Kulturhäuser oder Clubs, sondern wird zumindest an den Wochenenden bereits an den Nachmittagen gut bedient. Auch weil sich das Open-Air-Treiben, das während Corona noch als Notlösung galt, sich immer stärker etabliert. Wer will da überhaupt noch abends in stickige Indoor-Locations, in denen man bei diesen Temperaturen schier umkommt? Wochenende für Wochenende krieg ich beispielsweise mit, wie die sogenannte Event-Location Napoleon Komplex in Friedrichshain die Leute vor allem mit seinem Open-Air-Bereich lockt. Der Vorteil ist, man bekommt schon vor der Türe mit, ob sich der Eintritt lohnt oder nicht. Schon von der Modersohnbrücke aus lässt sich in diesem Fall erkennen, ob überhaupt was los ist. Und wie der DJ ist oder die geladenen Bands, das hört man auch schon. Man kauft hier also nicht die Katze im Sack, wie das schon mal passieren kann beim Clubbesuch, wo die versprochene Superparty dann einfach doch nicht zünden will. An diesem Sonntag aber fand im Napoleon Komplex ein Weinfest statt. So richtig die aufregende Musik ist dabei nicht nach außen gedrungen. Aber gut, was soll man in dieser Hinsicht auch von einem Weinfest erwarten.

Man bekommt schon vor der Türe mit, ob sich der Eintritt lohnt oder nicht

Das Open-Air-Treiben führt dazu, dass man ganz gut informiert ist, was in den Berliner Clubs so läuft und angesagt ist, auch wenn man diese gar nicht mehr betritt. Das spart Geld, führt aber zugegebenermaßen nicht unbedingt zu den bei echten Clubbesuchen durchaus erwünschten zwischenmenschlichen Interaktionen. Aber immerhin weiß ich nun, auch wenn ich die Party im About Blank am Wochenende gar nicht besucht habe, dass da eine postpunkige Synthieband ganz gut ankam, die spielte dort nämlich am Sonntagnachmittag recht lang. Das wäre nun eigentlich der Moment gewesen, in dem ich mich noch in persona der Gartenparty hätte anschließen können. Ich bin dann aber lieber nach Hause gegangen, einen Hauch von Clubbesuch hatte ich ja immerhin bereits erlebt.

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