■ Kommentar: Ausgehebelt
Wer wollte Staatssekretär Kuno Böse (CDU) Böses unterstellen? Schließlich hatte er gestern eine handfeste Entschuldigung, der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Soziales und Ausländer fernzubleiben. Die Innenministerkonferenz geht eben allemal vor gegenüber den im Preußischen Landtag wartenden Parlamentariern. Doch damit ist bereits ein Teil des Problems umrissen, mit dem sich die Abgeordneten herumzuschlagen haben. Weil Kuno Böse regelmäßig nicht erscheint, rutschen die Tagesordnungspunkte, die sich mit den Belangen von ausländischen Berlinern, Asylsuchenden und Flüchtlingen befassen, immer wieder ans Ende der Tagesordnung. Wer wollte unterstellen, daß der Staatssekretär der Innenverwaltung dies etwa absichtsvoll geschehen läßt? Beobachter und Abgeordnete tun dies inzwischen. Der Konflikt ist lehrreich und bestätigt die Befürchtungen der Opposition. Erst wurde kürzlich im Zuge der Parlamentsreform der Ausländerausschuß abgeschafft und zusammengelegt mit den Feldern Soziales und Gesundheit. Nun werden außerdem die Anliegen der in der Ausländerpolitik engagierten Abgeordneten von einem CDU-Politiker nach Belieben ignoriert. Die Ausschußarbeit, für eine Opposition nahezu der einzige Ort, wo Vertreter der Exekutive Rede und Antwort stehen müssen, wird damit ausgehölt. Die lang diskutierte Parlamentsreform hat damit erst eines erreicht: statt eines Demokratiezuwachses ist es zu einem Abbau demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten gekommen. Hätte das Abgeordentenhaus einen Präsidenten, der sich als Vertreter des ganzen Hauses verstünde, sollte es ein solches Problem nicht geben. Gerd Nowakowski
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