: Ausbildung, anderswo
■ BerufsfachschülerInnen müssen zukünftig eine Probezeit überstehen
Ab dem neuen Schuljahr, das Mitte der kommenden Woche beginnt, haben Berufsfachschülerinnen und -schüler ein „Probehalbjahr“ zu bestehen. Zusätzlich wird der Zugang zu Fachoberschulen, die einen Realschulabschluß voraussetzen, durch einen „Numerus clausus“ mit einem Notendurchschnitt von 3,5 beschränkt. Eine entsprechende Verordnung hat der Hamburger Senat in dieser Woche beschlossen. Sie ist Bestandteil eines dicken Umstrukturierungspakets, das vorrangig dazu dient, 135 von 3000 Stellen im Bereich der beruflichen Bildung einzusparen.
Die Berufsfachschulen werden überwiegend von Schulabgängern besucht, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz ergattert haben. Deshalb nutzten manche sie lediglich als Aufbewahrungsstation und seien entsprechend unmotiviert, erklärt Michael Schopf, der bei der Schulbehörde für „Grundsatzfragen der beruflichen Bildung“ zuständige Referent. Während der sechsmonatigen Probezeit soll sich eine grundsätzliche Eignung für den Berufszweig erweisen; gemessen wird diese Eignung am insgesamt „ausreichenden“ Ergebnis der schulischen Leistungen. Wer nicht besteht, werde „wegberaten“.
Für die Schülerinnen und Schüler bedeute dies ein halbes Jahr lang zusätzliche Verunsicherung, ist Anna Ammonn hingegen überzeugt. Die Hamburger Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schließt die Möglichkeit aus, daß der Notendruck die Motivation der Berufsfachschüler erhöht. „An allgemeinbildenden Schulen erleben wir das auch nicht.“ Gerade schwächeren Schülern werde durch Zugangsbeschränkung und Probezeit nun die Möglichkeit verbaut, sich an den Berufsfachschulen weiter zu qualifizieren, zum Beispiel einen höheren Schulabschluß zu erwerben.
Viele seien an den Berufsfachschulen, weil sie aufgrund „schwächerer“ Leistungen keine Chance im dualen Ausbildungssystem haben. Ihnen angesichts des sowieso schon mangelhaften Lehrstellenangebots eine andere Ausbildung anderswo zu empfehlen, wirke daher zynisch. Stefanie Winter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen