piwik no script img

Ausbau der StadtautobahnJunge-Reyer untermauert A 100

Die Stadtentwicklungsverwaltung hat eine Untersuchung zum Ausbau der A 100 überarbeitet - um ihre Gegner vom Nutzen des Projekts überzeugen.

Steht auf Beton: Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer Bild: dpa

Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat sich mit ihrem klaren Ja zum Ausbau der Autobahn 100 in die Defensive manövriert. Nicht nur die Opposition, auch die eigene Fraktion und die des Koalitionspartners Linke sind gegen sie. Mit einer neuerlichen Untersuchung ihrer Verwaltung hofft die Senatorin nun die Genossen auf Linie zu bringen: Der Weiterbau der Straße bündele den Verkehr, entlaste Wohngebiete und trage dazu bei, Lärm und Luftverschmutzung zu mindern, so die Ergebnisse der Analyse.

"Ich glaube nach wie vor, dass der Ausbau richtig ist", sagte Junge-Reyer bei der Vorstellung der Studie am Dienstag. Ihrer Ansicht nach ist das umstrittene Teilstück zwischen Neukölln und Treptow Kern einer zukunftsorientierten Stadtentwicklungspolitik. Die Fachleute in ihrer Verwaltung bestätigten, dass der Verkehr damit in der Innenstadt abnehmen würde. 680.000 Kilometer würden auf den Hauptstrecken Berlins weniger gefahren, weil der Verkehr mit dem neuen Teilstück gebündelt werden könne. Diese Zahl bezieht sich auf den Weiterbau der Autobahn bis zur Frankfurter Allee. Dabei hätten die Planer die Gesamtprognose bis 2025 mit einbezogen, nach der der Verkehr insgesamt abnimmt, sagte Friedemann Kunst, Leiter der Verkehrs-Abteilung.

Kunst bekannte zugleich, dass die Rechnung der Kritiker, mehr Straßen erzeugten mehr Verkehr, zum Teil stimmt. 9.000 Fahrten pro Tag werden den Prognosen zufolge zusätzlich unternommen, bei insgesamt etwa 12 Millionen Fahrten in der Stadt. Dass die Zahl der gefahrenen Kilometer zurückgeht, liegt an der besseren Erreichbarkeit von Vierteln und Gewerbegebieten. Die Fahrtzeit etwa zum Lichtenberger Gewerbegebiet Herzbergstraße soll vom Südende der Stadt aus etwa zehn Minuten kürzer werden. Zudem soll die Zahl der Menschen sinken, die an Hauptverkehrsstraßen unter erhöhten Feinstaubwerten leiden. Auch würden an weniger Straßen die Stickstoff-Grenzwerte überschritten, so Kunst. Ähnliches gelte für Lärm-Richtwerte.

Die A 100 hat sich zum umstrittensten Verkehrsprojekt seit langem entwickelt. Sie soll auf 3,2 Kilometer Länge zunächst zum Treptower Park verlängert werden, ein weiterer Abschnitt würde den Ring zur Frankfurter Allee schließen. Damit würde das Verkehrssystem des alten West-Berlin mit dem des Ostteils verbunden: auf der einen Seite ein Ring, der die Innenstadt abschottet, auf der anderen das sozialistische Leitbild mit Magistralen in die Innenstadt.

Das hunderte Millionen Euro teure Teilstück wird weitgehend vom Bund finanziert. Gegner werfen dem Senat vor, mit der A 100 ein überholtes Bild der autogerechten Stadt zu zementieren. Neuer Verkehr werde erzeugt, die Belastung der Anwohner steige. Kritiker erzürnt zudem, dass Bäume, Kleingärten und Häuser weichen müssten.

Als falsch wies Junge-Reyer Berichte zurück, die geplante Tangentialverbindung Ost (TVO) sei eine Alternative zur A 100. Auch dies wurde von den Fachleuten um Kunst bestätigt. Die TVO könne lediglich Wohnstraßen in der unmittelbaren Umgebung entlasten, aber nicht zum Gesamtsystem beitragen, sagte der Abteilungsleiter. Das Straßenstück vom Adlergestell nach Alt-Biesdorf ist seit Jahren in der Diskussion. Ob die Strecke realisiert wird, hängt Junge-Reyer zufolge von der Haushaltsplanung ab. Die TVO dürfte um die 40 Millionen Euro kosten, die allein das Land bezahlen müsste. Auch die diskutierte Süd-Ost-Verbindung (siehe Grafik) könne die A 100 nicht ersetzen, fügte Kunst hinzu: "Eine solche Trasse würde stadtzerstörerisch wirken."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!