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Aus „Wohnen am Wasser“ wird nichts

■ Hafensenator Kunick machte vollen Rückzieher / Bausenator Kunick findet das „rationell“

Nun ist es heraus: Aus den neuen Bremer Wohnungen mitten im jetzigen Europa-Hafen rechts der Weser wird nichts; Bremen ist nicht London und wird nun auch in dieser Beziehung kein Hamburg. Was vor vier Wochen noch von den Hafen- und Stadtentwicklungs-SenatorInnen Konrad Kunick und Eva-Maria Lemke- Schulte gemeinsam auch als Senatsmeinung öffentlich vorgestellt worden war, ist schon wieder kalter Kaffee: Teile des Europa-Hafens zuzuschütten und in der attraktiven Lage 2.000 bis 3.000 Wohnungen zu bauen.

Auf einem Hearing der SPD- Fraktion zur Planung für den „Hafen 2000“ konnten die Vertreter der Lagerhaus-Gesellschaft und der Handelskammer gestern ihr plötzliches Glück kaum fassen.

„Wir werden den Bereich 'Wohnen' völlig herauslasen und nur noch Wirtschaft machen“, verkündete Hafensenator Konrad Kunick seinem staunenden Herren-Publikum das Gegenteil seiner bisherigen Pläne. Sicher: 16.000 Wohnungen würden in den kommenden zehn Jahren in Bremen nach wie vor gebraucht, aber „wir wollen Wirtschaftsförderung und Wohnen, und wenn es so viel Emotionen erzeugt, trennen wir das.“

Die Hafen-Firmen sind begeistert

„Diese überraschende Nachricht macht vieles in meiner Rede überflüssig“, freute sich der Handelskammer-Vizepräses, Andreas Bunnemann, dessen Redekonzept noch die saftige und kompromißlose „Ablehnung der Wohnnutzung“ enthielt. Und auch Günter Boldt aus dem Vorstand der Lagerhaus-Gesellschaft fand es „ein Glück, nichts mehr sagen zu müssen, daß die Welt wieder in Ordnung ist, auch das Wohnen, Herr Senator!“

Von 3.000 geplanten auf faktisch Null Wohnungen im Hafen — das ist eine volle Breitseite gegen das Städtebau-Konzept aus dem Hause der Senatorin für Umwelt und Stadtentwicklung, Eva- Maria Lemke-Schulte.

Sie reagierte auf taz-Anfrage so wenig erfreut wie reserviert: „Wir haben das Wohnen zunächst zurückgestellt, und die Hafenwirtschaft muß jetzt beteiligt werden.“ Ob der Senat vor Konrad Kunicks Kehrtwende noch einmal über die Hafen-Pläne beraten hat, mochte Lemke-Schulte nicht mitteilen.

Was die will, hat sie offenbar deutlich genug gemacht. „Alle sind sich einig gegen das Wohnen“, faßte Ludwig Hettling, Deputationssprecher, nach den Redebeiträgen zusammen. Und einig waren sich die Wirtschaftsvertreter auch, daß die geplante Verlagerung der Umschlagsaktivitäten des Hafens von der Alt- auf die Neustädter Hafenseite erst und nur Sinn mache, wenn Straßen und Autobahnanschluß gebaut sind.

Und wie findet der Bausenator Konrad Kunick den Beschluß des Hafensenators Konrad Kunick? „Rationell, nach Abwägung aller Sachen“, verriet er der taz. Susanne Paas

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