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Aus Stohs wird Stoß

■ Standesamt erzwingt Namensänderung erzwingen

Wiesmoor – Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, soll das Amtsgericht in Aurich nun entscheiden, ob der 43 Jahre alte Realschullehrer Harald Stohs aus dem ostfriesischen Wiesmoor seinen Nachnamen behalten darf oder ihn in Stoß ändern muß. Den Anstoß für die Klage gab ein Standesbeamter in Wittmund. Bei der Ausstellung einer Geburtsurkunde, die Stohs für seine Eheschließung im August brauchte, erinnerte sich der Beamte an eine 34 Jahre alte Verfügung der – inzwischen aufgelösten – Bezirksregierung Aurich. Danach dürfen die alten deutschen Schriftzeichen „hs“ und „sh“ in Urkunden nicht mehr verwendet werden. An ihrer Stelle „sind künftig grundsätzlich“ die Zeichen „ß“ und „ss“ „zu verwenden“, ordnete die Behörde 1960 an.

Zur Begründung heißt es in der Verfügung, „hs“ und „sh“ seien in Familiennamen teilweise willkürlich verwendet worden. „So wurde in einer Familie der Name Visser einmal Visher, ein andermal Vihser geschrieben“. Richtig sei entweder Visser oder Vißer. Nachforschungen nach der richtigen Schreibweise eines Familiennamens, „evtl. bis in die Zeit seiner Entstehung“, seien in der Regel unzumutbar.

Zweifelsfälle dürften allerdings auch nicht einer Vereinbarung zwischen Standesbeamten und betroffenen Bürgern überlassen bleiben. „Auf keinen Fall darf der Standesbeamte eine unrichtige Schreibweise für seine Eintragung im Heiratsbuch verwenden, nur weil die Unterschrift mit der Eintragung übereinstimmen muß“, legte der Regierungspräsident damals fest.

In der Brust von Wittmunds Stadtdirektor Theodor Uebelhoer klopfen bei der Beurteilung der strittigen Frage offenbar zwei Seelen. Als Verwaltungschef bescheinigt er seinem Standesbeamten rechtlich korrektes Handeln. Begreifen könne er den Sinn der Vorschriften allerdings auch nicht mehr so recht, räumte er ein. Er sei daher nicht unglücklich, daß der Bürger Stohs nun das Gericht in dieser Sache angerufen habe.

Manfred Protze (dpa)

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