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Aus Bayern schallt es volksdeutsch

■ Die CSU vor ihrer Kadertagung in Wildbad Kreuth: Abschätziges und Falsches zum Thema Ausländer und Arbeitsmarkt. Generalsekretär Protzner stimmt an: "Deutschland ist kein Einwanderungsland"

Berlin (Reuter/AP/taz) – Die CSU bereitet sich auf ihre Weise auf die politischen Verteilungskämpfe des Jahres 1997 vor. Wenige Tage vor Beginn der CSU- Klausurtagung in Wildbad Kreuth – wie alle Jahre zuvor eine Kadersitzung zur Vereinheitlichung der Anliegen der bayerischen Minderheit in der Berliner Republik – haben zwei CSU-Politiker Vorschläge zur Arbeitsmarktpolitik vorgelegt. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit soll Ausländern aus Nicht-EU-Staaten der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt noch weiter erschwert werden. Die Abgeordneten Peter Ramsauer und Ernst Hinsken formulierten einen Sechs-Punkte-Katalog, in dem es heißt: „Es könnte an den Zeitrahmen von fünf Jahren gedacht werden. Das würde den Anreiz zur Zuwanderung nicht unerheblich mindern“ – womit mal wieder so getan wird, als gebe es den Grundgesetzartikel zum politischen Asyl nicht mehr.

Außerdem sollten Deutsche künftig von den Arbeitsämtern – wie vor 50 Jahren – als Bevorrechtigte vermittelt werden. In dem Papier heißt es weiter, die hohe Zuwanderung trage zur Verschärfung der Arbeitsmarktsituation bei. Sie könne „ungewollte Neidgefühle begünstigen“ und eine „ungewollte Fremdenfeindlichkeit hervorrufen“. Die Vorlage, die innerhalb der bayerischen Partei auf mehrheitliche Zustimmung rechnen darf, kritisiert, daß sich die Zahlungen von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für ausländische Empfänger von 1990 bis 1994 auf 6,32 Milliarden Mark verdreifacht hätten. Erwähnt wird nicht, daß die ausländischen Arbeitnehmer diese Sozialleistungen sich selbst erarbeitet haben.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos hatte in einem Spiegel- Interview bereits die Forderung erhoben, „den Familiennachzug der Zuwanderer zurückzuführen und dafür zu sorgen, daß abgelehnte Asylanten auch ausreisen“. Für die sogenannten Deutschstämmigen aus Rußland fordert Glos eine „schärfere Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen“. Das „Bekenntnis zum Deutschtum“ gehöre ebenso dazu wie die „Beherrschung der deutschen Sprache“ – womit die Zuwanderung faktisch auf Null zurückgehen würde. Offen ließ Glos leider nur, was er unter „Deutschtum“ versteht.

CSU-Generalsekretär Bernd Protzner sekundierte seinem Kollegen, indem er gestern ergänzte, daß an eine Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft nicht gedacht werde: „Die wird mit uns nicht kommen.“ In der Ausländerpolitik müßten „strengste Maßstäbe“ angelegt werden: „Es gibt keine Mehrheit für eine multikulturelle Gesellschaft. Deutschland ist kein Einwanderungsland.“

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