: Aufschub für vietnamesisches Gründerzentrum
■ Zwangsschließung wegen Zahlungsrückstand wurde um eine Woche verschoben
Die für gestern angedrohte Zwangsschließung des vietnamesischen Existenzgründerzentrums in der Lichtenberger Rhinstraße ist um eine Woche ausgesetzt. Die Gläubiger der Vermieterfirma ICI gewährten ihr eine Woche Zahlungsaufschub und verhinderten damit vorerst die Zwangsvollstreckung. Die hätte für die vietnamesischen Textil- und Lebensmittelgroßhändler das wirtschaftliche Aus und perspektivisch auch den Verlust des Aufenthaltsrechts in Deutschland bedeutet.
Die Vermieterfirma ICI kam in die finanzielle Zwangslage, weil der Generalmieter, das deutsch- vietnamesische Paar Buchholz & Thang, seit einem Jahr keine Miete und nur einen geringen Teil Betriebskosten weiterreicht. „Herr Buchholz schuldet uns 1,2 Millionen Mark. Damit stehen wir wiederum bei der Bewag und der Müllabfuhr in der Kreide“, erklärt ICI-Chef Rudolf Franke.
Karl Buchholz begründet die Mietrückstände mit vertraglich zugesicherten, aber nicht erfolgten Investitionen der Immobilienfirma ICI. Wegen der ausstehenden Bauarbeiten konnte er nur die Hälfte der angemieteten Gewerbefläche weitervermieten. Ihm sei ein monatlicher Schaden von 20.000 Mark entstanden. Die Betriebskosten hätte er nur teilweise weitergereicht, „weil die Abrechnungen der Firma ICI nicht nachvollziehbar waren“. Was er mit dem kassierten und nicht weitergereichten Geld gemacht habe, sei „seine Privatsache“.
Um den Zahlungsforderungen nachkommen zu können, fordert ICI die Mieter jetzt auf, mit ihnen direkt Mietverträge abzuschließen. Das wiederum hält Buchholz nicht für Rechtens und verweist auf seinen Generalmietvertrag. Die Vietnamesen fürchten, doppelt zahlen zu müssen. Ergebnis der Konfusion: Seit etwa zwei Monaten zahlt fast niemand mehr Miete. Mit zahlungssäumigen Mietern ging Buchholz nicht zimperlich um. Mehrfach standen Händler, die ihm Geld schuldeten, vor verschlossener Tür. Zwei Mitarbeiter der Firma ICI haben Karl Buchholz wegen Morddrohungen angezeigt. „Buchholz droht auch den Händlern, nur gehen die nicht zur Polizei“, sagt Tamara Hentschel von Reistrommel e.V., ebenfalls Mieter im Gewerbezentrum. Buchholz habe für die Vermietung zu Unrecht Maklergebühren erhoben.
Die Versuche der Firma ICI, Buchholz herauszuklagen, sind vor dem Landgericht gescheitert. Reistrommel e.V. ist der Ansicht, daß die Firma von ihrem Anwalt schlecht beraten wurde. Kommt keine Hilfe von außen, so Tamara Hentschel, ist am nächsten Dienstag die Schließung der Halle nicht mehr zu verhindern. Marina Mai
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