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Aufs Kreuz gelegt

■ Der unbequeme »Bund der Deutschen Katholischen Jugend« zieht nach Tempelhof um/ Damit ist der Verband vom Bischöflichen Amt für Jugendseelsorge strukturell getrennt

Berlin. Der Konflikt zwischen den katholischen Jugendverbänden und der Bistumsverwaltung in Berlin hat einen Höhepunkt und ein vorläufiges Ende gefunden. Die Vertreter des »Bundes der Deutschen Katholischen Jugend« (BDKJ) räumten jetzt ihre Büros im »Erich-Klausener- Haus« in der Charlottenburger Witzlebenstraße und zogen in die Götzstraße in Tempelhof. Damit wird die relativ unabhängige und zuweilen kritische Arbeit der Jugendverbände in der katholischen Kirche in Berlin nicht nur räumlich an den Rand gedrängt. Der Umzug des BDKJ ist die Folge einer Neustrukturierung der katholischen Jugendarbeit in Berlin. Im vergangenen Sommer hatte der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky entschieden, die Arbeit der acht katholischen Jugendverbände (zum Beispiel Pfadfinder oder Christliche Arbeiterjugend), die in Berlin zusammen mit den Dekanaten (Vertretungen der Pfarrjugend nach Bezirken) im BDKJ organisiert sind, vom Bischöflichen Amt für Jugendseelsorge (BAJ) räumlich und strukturell zu trennen (die taz berichtete). Demnach sollte der BDKJ nur noch für die Arbeit seiner Verbände zuständig sein. Kirchliche Jugendarbeit in Pfarrgemeinden und Dekanaten soll in einer parallelen Organisation, der »Katholischen Jugend Berlin« (KJB), stattfinden. Viele Jugendliche befürchteten damit die Kaltstellung des besonders in Fragen der katholischen Sexuallehre oft aufmüpfigen Jugendverbandes und die Schaffung einer braven und konservativen Pfarrjugendorganisation unter dem Dach des BAJ.

Der Abkoppelung des BDKJ entspricht die Abschiebung nach Tempelhof, die Ungewißheit über zukünftige Arbeitsbedingungen und die zögerliche Ausstattung mit Arbeitsmitteln in der neuen Geschäftsstelle: So trafen die Jugendlichen beim Umzug statt der vereinbarten übernahmefertigen Räume ein Gebäude vor, in dem nur die Telefone angeschlossen waren.

Trotz der widrigen Umstände hofft die BDKJ-Vorsitzende Michaela Wedell auf eine verbesserte Arbeit in Tempelhof: »Vielleicht tut uns die räumliche Distanz zum Bischöflichen Ordinariat ja ganz gut, vielleicht werden wir mutiger und werden mehr sagen, was die Jugendlichen in dieser Kirche wirklich bewegt.« Seit fast einem Jahr lähme nun der Streit und die Ungewißheit über die Zukunft die Arbeitskraft des BDKJ. Besonders stolz ist Wedell deshalb auf die Einrichtung eines Jugendzentrums in Perleberg und die Schaffung einer Wohngemeinschaft in Lichtenberg durch den BDKJ. Der Ostteil des Bistums, so Wedell, sei von der Jugendarbeit des Bistums völlig vernachlässigt worden.

Im Osten wird sich auch entscheiden, ob das BAJ zur bischöflichen Jugendarbeit ohne Jugend avanciert. Die Mitgliedschaft fußt nach Ansicht von Prälat Peter Tanzmann, dem Leiter des Seelsorgeamtes, aber auf einer »ungültigen Satzung des BDKJ« — einer Satzung, die nach Angaben des BDKJ der Bischof selbst genehmigt hat. Es gebe keinen »Alleinvertretungsanspruch« des BDKJ für die katholische Jugend, sagt Tanzmann, der zugibt, daß Bischof Sterzinsky »punktuell unzufrieden« mit der Arbeit des BDKJ sei, vor allem, was die Bereiche »Sexualität, Liebe, Partnerschaft« angehe. Den partnerschaftlichen Umgang mit der Jugend vermißt der BDKJ nach Worten von Wedell schon lange: »Dieser ganze Streit hat unwahrscheinlich viel Kraft, Engagement und Glauben gekostet.« Bernhard Pötter

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