piwik no script img

Aufruf zum Kulturboykott Berlins

■ Solidarität mit dem Schillertheater /Pina Bausch will Gastspiel absagen

Berlin (dpa) – Von Claus Peymann über August Everding bis Thomas Langhoff reichte die lange Liste der Namen von Intendanten deutschsprachiger Theater, die gestern auf einer Kundgebung im Berliner Schiller-Theater ihre Solidarität mit dem von Schließung bedrohten Berliner Staatsschauspiel bekundeten.

Auf der Kundgebung wurde die gemeinsame Erklärung der Intendanten von 25 Schauspielbühnen und Musiktheater Nordrhein-Westfalens zum Boykott der Theaterstadt Berlin verlesen, falls der Beschluß des Senats nicht zurückgenommen wird. Als erstes werde dann das Gastspiel von Pina Bausch vom Tanztheater Wuppertal am 2. Juli in der Berliner Volksbühne abgesagt. Dem Boykottaufruf schloß sich spontan auch der Intendant des Hamburger Thalia-Theaters, Jürgen Flimm, an.

In der von Alexander Maravic, künstlerischer Leiter im Schauspielhaus Bochum, verlesenen Erklärung werden die Berliner Theater außerdem aufgefordert, ihre Zusammenarbeit mit Kultursenator Ulrich Roloff-Momin einzustellen, um dessen Rücktritt zu erzwingen. Alle deutschsprachigen Theater sollten sich diesem Boykott anschließen. Außerdem wurde für den 19. September eine Versammlung aller Theaterleiter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in das Schiller-Theater einberufen.

Im Schulterschluß zwischen Wien und Hamburg stellten sich Theaterleiter, Regisseure und Schauspieler hinter das Schiller-Theater. Der Wiener Burgtheater-Direktor Claus Peymann meinte, daß der „gemeine Anschlag“ des Senats für das Schiller-Theaters eine „einmalige Chance zum Neubeginn“ sei. Politiker, die in Österreich einen solchen Anschlag gegen Theater planten, würden keinen Tag überleben. Intendant Flimm rief unter tosendem Beifall aus: „Wenn wir es nicht wollen, wird das Haus nicht geschlossen!“

Mit großer Bewegung wurde in dem überfüllten Schiller-Theater der Auftritt des Doyen des Staatsbühnen-Ensembles, Bernhard Minetti, aufgenommen. Er wies darauf hin, daß er seit 1930 an diesen Bühnen arbeite. Das Schiller-Theater werde gegen den „willkürlichen Senatsbeschluß“ seinen Spielbetrieb fortsetzen. Solidarität in Form minutenlangem Beifalls wurde auch dem von der Schließung bedrohten Symphonischen Orchester Berlin zuteil. Siehe auch Seite 21

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen