Aufnahme von Geflüchteten in Hamburg: Ein bisschen Herz für Kinder

SPD und Grüne stimmen plötzlich zu, minderjährige Geflüchtete aufzunehmen. Im Dezember lehnten sie einen Antrag der Linken noch ab.

Ein Kind steht vor einem Baum in einem Flüchtlingslager, es trägt ein rosa Cape

Leben unter prekären Bedingungen: Ein Kind im Lager Moria auf Lesbos Foto: dpa

HAMBURG taz | In Hamburg ist Wahlkampf. Und wenn der Druck zu groß wird, müssen die handeln, die in der Stadt auch künftig das Sagen haben wollen. Das ist zumindest eine mögliche Erklärung, dafür, dass SPD und Grüne am Mittwoch ihre Bereitschaft erklärten, dass „Hamburg ein Kontingent von minderjährigen Geflüchteten aufnimmt“.

Das kommt insofern überraschend, als die Linken es waren, die das Thema am Mittwoch auf die Tagesordnung der Bürgerschaft gesetzt hatten. Und einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion hatten SPD und Grüne noch im Dezember abgelehnt.

Und das, obwohl ebenfalls im Dezember der grüne Bundesvorsitzende Robert Habeck, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gefordert hatte, dass Deutschland Minderjährige aus Griechenland aufnimmt. Niedersachsen, Berlin, Thüringen und Rheinland-Pfalz haben sich dazu schon bereit erklärt.

Dass Hamburg da zumindest bisher nicht mitmachte, war nach Aussage der Grünen die Schuld der SPD. Wegen der „Koalitionsräson“ hätten die Grünen nicht gegen die SPD stimmen wollen. Das wiederum brachte ihnen erhebliche Kritik ein. Die Organisation Seebrücke nannte das „restriktive Auftreten“ der Grünen heuchlerisch. Und auch die Linken fanden das Verhalten problematisch. „Sonst streiten sie sich im Wahlkampf ja auch öffentlich mit der SPD um verschiedene Fragen“, sagt Christiane Schneider, Sprecherin für Innenpolitik und Flüchtlinge bei der Linksfraktion.

4.100 Minderjährige allein

Die Linken wollten mit ihrem Antrag erreichen, dass sich Hamburg der Initiative von Niedersachsen, Berlin und Thüringen anschließt und zusagt, 70 minderjährige, unbegleitete Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen. Nach Angaben von Hilfsorganisationen leben dort mindestens 4.100 Kinder und Jugendliche ohne erwachsene Angehörige in überfüllten Lagern oder auf der Straße.

SPD und Grüne hatten einen eigenen Antrag eingebracht. Ihr „Appell zur humanitären Soforthilfe“ sah vor, dass Hamburg sich bei der Bundesregierung dafür einsetzt, dass das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen schnell und unbürokratisch mehr Geld bekommt.

Tatsächlich kann Hamburg nicht einfach selbst entscheiden Geflüchtete aufzunehmen – Fragen der Flüchtlingspolitik werden auf Bundesebene geregelt. „Der Bundesinnenminister muss gezwungen werden, minderjährige Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen“, sagt Schneider. Und dafür brauche es den Druck aus den Ländern.

Das findet auch Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Seehofer muss seine ablehnende Haltung schnellstens überdenken“, ließ sie verlauten.

Nichts Konkretes

Wie viele Geflüchtete Hamburg aufnehmen möchte, legen SPD und Grüne aber nach wie vor nicht fest, sprechen von einem „Kontingent“. Diese Frage stelle sich im Moment nicht, sagt Felix Koopmann, Sprecher der SPD-Fraktion. Wichtig sei, zunächst, das Thema im Bund zu bewegen.

Für Schneider ist das alles zu halbherzig und unverbindlich. Die rot-grüne Koalition verstecke sich hinter Seehofer. Es gehe aber auch um die Frage, ob Länder und Kommunen selbstständig handeln dürfen, wenn sie Geflüchtete aufnehmen wollen, so wie es ein breites Bündnis derzeit fordert. Schneider will die Debatte zu dem Thema deshalb noch einmal für die kommende Bürgerschaftssitzung anmelden. Am Mittwoch war die Debatte ausgefallen, weil so lange über Verkehrspolitik gesprochen wurde.

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