: Aufbruch zum Mond
Auf zum Mond, dem achten Kontinent der Erde! Eine raumfahrttechnische Aufbruchstimmung wehte in dieser Woche durch den Forschungsausschuss des Bundestags. Verbreitet vor allem von dem deutschen Astronauten Alexander Gerst („Astro-Alex“), der in einer Expertenanhörung für mehr Engagement im Weltraum warb. Beim derzeitigen Raumfahrt-Boom – die Branche der Raketen- und Satellitenbauer und -betreiber wächst global jedes Jahr um 10 Prozent – sollte bei der Rückkehr zum Erdtrabanten die Wissenschaft eine Pionierrolle einnehmen, forderte Gerst, der für die Europäische Weltraumorganisation ESA 2014 und 2018 zur Internationalen Raumstation ISS geflogen war.
Er verglich die heutige Situation mit der Eroberung des siebten Kontinents, der Antarktis, vor hundert Jahren. Damals bildeten deutsche Polarforscher die Vorhut der Eroberer. Für ihn war auch die ökologische Bewusstseinsbildung wichtig. Aus dem Weltraum erkenne die Menschheit, so der Raumfahrer, dass wir in einer blauen Oase, umringt von der schwarzen Wüste des Alls, leben. Diese gelte es zu bewahren.
Anlass für den Auftritt war eine Anhörung zur Ministerratskonferenz der ESA, die Ende November im Bremen stattfindet. Ein wichtiges Datum, dem auch das neue deutsche Raumfahrt-Ministerium entgegenfiebert. Auf der Konferenz werden Entscheidungen zu fünf strategischen Zielen der ESA getroffen: dem Schutz des Planeten und des Klimas; der Weltraumforschung; der Stärkung von Autonomie und Resilienz in Richtung Verteidigungsfähigkeit; der Raumfahrt als Wirtschaftsfaktor sowie der Inspiration zukünftiger Talente für die Extraterrestrik.
Deutschland zählt zu den größten Beitragszahlern der ESA, deren Gesamtbudget sich in den letzten Jahren zwischen 6,7 bis 7,7 Milliarden Euro bewegte. Der deutsche Anteil liegt bisher bei 20 Prozent des Pflichtprogramms. Raumfahrtministerin Dorothee Bär wie auch die Ministerpräsidenten der vier Bundesländer mit Raumfahrt-Produktionsstandorten haben sich aber bereits für eine Steigerung ausgesprochen.
Dass dies notwendig ist, wurde auch bei der Bundestagsanhörung deutlich. Als Vertreterin der Industrie verwies Eva-Maria Aicher von der Hensoldt Sensors GmbH darauf, dass der europäische Anteil an den weltweiten Raumfahrtinvestments, der früher bei 15 Prozent lag, mittlerweile auf 10 Prozent geschrumpft sei. Grund dafür sei, dass viele neue Akteure ins All drängen, allen voran China und Indien. Laut Aicher könnte der Weltraummarkt bis 2040 auf über 1,1 Billionen US-Dollar anwachsen. Die Bundesregierung habe jetzt die Chance, „die Weichen für die strategische Positionierung Deutschlands in der globalen Raumfahrt zu stellen“.
Manfred Ronzheimer
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