Nachgefragt: „Auf besten Weg“
■ CDU-Fraktionschef Neumeyer über Arbeitslosenzahlen und neue Jobs
taz: In der ganzen Republik sinken die Arbeitslosenzahlen, in Bremen steigen sie, noch bevor auch nur ein Vulkanese zum Arbeitsamt hätte gehen müssen. Es scheint, daß Bremen von der Entwicklung im Rest der Republik wieder abgekoppelt wäre. Eine schlimme Bilanz für die Große Koalition?
Ronald-Mike Neumeyer, CDU-Fraktionsvorsitzender: Auch wenn es beim Vulkan noch keine Entlassungen gegeben hat, Sie können die Arbeitsmarktentwicklung nicht vom Vulkan abkoppeln. Viele Zulieferer sind jetzt schon direkt betroffen, weil sie ihre Gelder nicht bekommen haben. Die Vulkan-Krise hat sehr wohl schon heute starke negative Einflüsse auf den Arbeitsmarkt in Bremen.
Was müßte Ihrer Meinung nach jetzt ganz schnell passieren, um den Arbeitsmarkt zu entlasten?
Wir müssen noch mehr die vorhandenen Mittel für die Schaffung zusätzlicher Gewerbeflächen konzentrieren. Es gibt ansiedlungswillige Unternehmen, denen wir zur Zeit keine Flächen bieten können. Wir sind dabei, die Hemelinger Marsch zu erschließen, wir haben den Industriepark West. Aber zwischen der politischen Entscheidung und dem Tag, an dem die Unternehmen kommen, vergehen zum Teil bis zu drei Jahre. Sie können nicht erwarten, daß innerhalb eines Dreivierteljahres eine Entwicklung, die über Jahrzehnte falsch gelaufen ist, umgedreht werden kann. Wir sind aber auf dem besten Wege. Stichworte: Gewerbegebiet Flughafen, das aus allen Nähten platzt; Güterverkehrszentrum, das aus allen Nähten platzt...
Da wollen Sie ja dem Hafensenator eine Hafenersatzfläche abnehmen.
Es gibt bereits vier Unternehmen, die am GVZ händeringend nach Flächen suchen.
Wie lange würde es dauern, bis dort nach einer Entscheidung tatsächlich etwas passieren würde?
Da ist ja schon eine gewerbliche Nutzung vorgesehen, Hafennutzung ist ja nichts anderes. Das heißt, der Flächennutzungsplan muß nicht geändert werden. Es gibt bereits eine Erschließungsstraße. Das kann ziemlich schnell gehen.
Nochmal zurück zur Arbeitslosenstatistik. Glauben Sie, daß der negative Trend in der Arbeitslosenstatistik die Bremer Verhandlungsposition um eine Aufstockung der Sanierungsmilliarden stärkt?
Es sollte ohnehin 1997 eine Zwischenbilanz der Sanierung gezogen und, wenn nötig, um weitere Sanierungsmilliarden nachverhandelt werden. Einerseits ist es schon ein Argument, wenn die Arbeitslosenzahlen so sind wie sie sind. Ich befürchte, wenn es uns nicht gelingt darzustellen, daß wir jede Mark in die Sanierung investiert haben, daß es dann ins Gegenteil umschlagen kann. Dann würde in Bonn der Eindruck entstehen: Die können das auch nicht mit zehn Milliarden schaffen.
Fragen: Jochen Grabler
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