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Auch nach Honeckers Sturz wollte Stasi die Opposition knebeln

Hamburg (dpa) - Auch noch zwei Wochen nach dem Sturz des ehemaligen SED- und Staatschefs Erich Honecker am 18. Oktober 1989 hat der frühere Staatssicherheitsdienst der DDR die Internierung tausender von Oppositionellen geplant. Vom 8. Oktober an mußten die Stasidienststellen flächendeckend Listen über sogenannte „Rädelsführer, Inspiratoren und Organisatoren“ führen und aktualisieren, berichtete das Fernsehmagazin Spiegel-TV am Sonntag abend. Allein in Leipzig wurden nach diesen Angaben über 100 Menschen erfaßt, darunter die meisten Pfarrer der Stadt. Die letzte Liste dieser Art stamme vom 30. Oktober 1989.

Auch an der Einrichtung der geplanten Isolierungslager sei nachweislich bis zum 30. Oktober gearbeitet worden, so das Magazin. Allein im Bezirk Erfurt habe es 24 vorgesehene Standorte für Isolierungs- und Internierungslager mit einer Mindestkapazität für 2.700 Personen gegeben. Erfaßt und „zugeführt“ werden sollten danach Ausreisewillige, Angehörige „verbotener Religionsgemeinschaften“, Mitglieder von Friedens- und Menschenrechtsgruppen, Nichtwähler und Unterzeichner von Resolutionen und Petitionen. Auf den Listen standen auch Menschen, die Kontakte zu den Botschaften nicht-sozialistischer Länder unterhielten.

Über die geplanten Stasiinternierungslager für Oppositionelle und „Konterrevolutionäre“ hatte im Dezember bereits die in Gera erscheinende 'Thüringische Landeszeitung‘ berichtet. Damals war allerdings noch nicht bekannt, daß die Stasi auch noch zwei Wochen nach dem Sturz Honeckers an der konkreten Planung arbeitete.

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