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Archiv-Artikel

Auch Zuckerer gibt Contra

SPD-Fraktionschef wendet sich gegen eine „Zerschlagung des Sozialstaates“ und kann sich Erhöhung der Mehrwertsteuer vorstellen. Engholm vermisst „Herzblut“

In der SPD-internen Debatte um den Reformkurs von Bundeskanzler Gerhard Schröder hat es am Osterwochenende nicht nur von der stellvertretenden Parteichefin Jutta Blankau kritische Töne aus dem Norden gegeben. Auch andere GenossInnen gingen gegen die „Agenda 2010“ in Stellung.

Der frühere SPD-Chef Björn Engholm bezeichnete den Reformkurs der Bundesregierung als sozial nicht ausgewogen. Statt einen lebendigen innerparteilichen Dialog um den Reformkurs zu führen, reduziere sich die Arbeit der SPD-Spitze immer mehr auf ein Erscheinungsmanagement, sagte Engholm dem Flensburger Tageblatt. „Es fehlt das nach außen erkennbare Herzblut.“ Gleichzeitig forderte Engholm von Schröder, Parteivorsitz und Regierungsamt zu trennen. Die Trennung beider Ämter sei eine Frage der Vernunft. Engholm war bis zu seinem Rücktritt im Mai 1993 gleichzeitig SPD-Vorsitzender, schleswig-holsteinischer Ministerpräsident und Kanzlerkandidat.

Auch Hamburgs SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer wendet sich in einem sechsseitigen Positionspapier gegen eine Zerschlagung des Sozialstaats. Von dem Anspruch auf Solidarität könne sich die Gesellschaft nicht verabschieden, sagte Zuckerer: „Eine Ansammlung von Ich-AGs bildet noch keine Gesellschaft.“

Er plädiert für einen „stufenweisen Umbau der Sozialversicherungen von der Beitragsfinanzierung zu einem überwiegend aus Steuern finanzierten System“. Das sei gerechter, mache Arbeit billiger und sorge für Beschäftigungsimpulse. Angesichts der Finanzlücken in den öffentlichen Haushalten hält er auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für denkbar. LNO