: Auch SPD-Fraktion stimmt Staatsvertrag zu
■ SPD richtet sich jetzt auf baldige gesamtdeutsche Wahlen ein: Vereinigung mit Ost-SPD soll bis September gelaufen sein
Bonn (dpa) - Die SPD-Fraktion will dem Staatsvertrag mit der DDR bei der Schlußabstimmung in der kommenden Woche im Bundestag zustimmen. Nach einer fünfstündigen Sondersitzung sprach sich am Donnerstag abend eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten für die Annahme aus. Nur 22 Fraktionsmitglieder stimmten mit Nein.
Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine, der in der vergangenen Woche von einigen Bonner Abgeordneten wegen seiner ablehnenden Haltung zum Staatsvertrag öffentlich gerügt worden war, erläuterte vor der Fraktion noch einmal seine nicht ausgeräumten Vorbehalte gegen die rasche Einführung der D-Mark. Er will das Votum der Fraktion aber respektieren und Kanzlerkandidat bleiben.
Zuvor hatten auf einer ganztägigen Sitzung in Anwesenheit von Lafontaine bereits Parteirat und Parteivorstand dafür plädiert, trotz erheblicher Einwände den Staatsvertrag nicht mehr aufzuhalten und am 1. Juli in Kraft treten zu lassen. Jede Verzögerung würde zu Resignation und Hoffnungslosigkeit bei den Menschen in der DDR führen und die Wirtschaftskrise noch verschärfen, hieß es in einer Resolution, die von beiden Gremien mit großer Mehrheit angenommen wurden.
Die SPD stellt sich nach Einführung der D-Mark in der DDR nun auch auf rasche gesamtdeutsche Wahlen ein und will die Vereinigung mit der DDR-Schwesterpartei bis zum September verwirklichen. Eine Kommission unter Leitung der beiden Parteivorsitzenden Hans-Jochen Vogel und Wolfgang Thierse wird dafür unverzüglich die Weichen stellen. Lafontaine kündigte an, er werde auch als gesamtdeutscher Kanzlerkandidat antreten. Ob Vogel oder der Kanzlerkandidat den gesamtdeutschen SPD-Vorsitz übernimmt, soll in den nächsten Monaten einvernehmlich geklärt werden.
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