: Attribut „sozialistisch“ verboten
■ Eigentum, Verschuldung, Grund und Boden Topthemen im Staatsvertrag /Regierungschefs beider Länder vertagen gesamtdeutsche Wahlen / DDR-Regierung will Gesetz durchbringen, CDU-CSU und FDP für Tempo 1990 / SPD in Ost und West gegen forcierte Einheit
Berlin (taz) - Das Wort „sozialistisch“ soll ein für alle Male aus dem deutschen Sprachgebrauch getilgt werden, so stehts im Staatsvertrag. Dieses Attribut bezeichnet die bisherigen Besitzverhältnisse in der DDR, über deren Schicksal und haushaltspolitische Klärung sich Bundeskanzler Helmut Kohl und Finanzminister Theo Waigel zu Wochenbeginn in Berlin Klarheit verschafften. Die Privatisierung von Volkseigentum ist beschlossene Sache. Soziale Härten für die DDR, die mit anstehender Vereinigung erwartet werden, sollen mit Reprivatisierung abgefedert werden, solange es sie als eigenständigen Staat gibt. Das Bonner Währungsangebot steht und fällt mit dem für Investoren „notwendigen“ Erwerb von Grund und Boden, Liegenschaften sollen unter den Hammer kommen, ab 1949 enteignete Altvermögen gehen an die ehemaligen Eigentümer zurück, so fordert's der Vertragsentwurf.
Kohl und de Maiziere stellten das Thema gesamtdeutsche Wahlen vorerst zurück. Sowohl die SPD in der BRD als auch in der DDR lehnen einen schnellen Termin für die gesamtdeutschen Wahlen ab.
Die Regierung der DDR plant nach Angaben des Staatssekretärs Eberhard Stief, am 2. Dezember Landtagswahlen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit im Berliner Innenministerium erarbeitet und soll im September von der Volkskammer verabschiedet werden. In Bonn finden sich in der CDU-CSU-Fraktion Fürsprecher. Die FDP will die Festschreibung des Wahltermines am 2. Dezember oder am 13. Januar 1991 im Staatsvertrag festgeschrieben wissen.
Der Bonner SPD-Chef Hans-Jochen Vogel lehnte den Termin ab, da das Tempo der Einigung weiter verschärft würde. Der Abschluß der Vier-plus-zwei-Verhandlungen bis zum August, was für Wahlen im Dezember notwendig ist, sei nicht möglich.
Bei dem Berliner Treffen machten die beiden Regierungschefs noch mal klar, die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion kommt zum 2. Juli. De Maiziere gab zu, daß in dem am Sonntag fertiggestellten Entwurf einige Punkte in den Bereichen Infrastruktur, Strukturanpassung und Soziales noch ungelöst sind. Kohl sagte in Bezug auf das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten, hier sei er heute mehr denn je optimistisch.
Schatzmeister Theo Waigel und sein Amtskollege Walter Romberg konnten sich keine endgültige Klarheit über die Eckdaten des DDR-Haushalts verschaffen. Die Auslandsverschuldung konnte nach Worten Waigels für den Termin der Währungsunion noch nicht beziffert werden.
abc
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