Atommülllager Asse: Fass kann fast angestochen werden
Niedersachsens Umweltministerium hat Probebohrungen im Lager Asse genehmigt. - mit 32 Auflagen. Erhebliche Verzögerungen bei der Rückholung des radioaktiven Abfalls drohen.
HANNOVER taz | Erhebliche Verzögerungen bei der Bergung radioaktiver Abfälle aus dem maroden Atommüllager Asse in der Nähe von Wolfenbüttel befürchtet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Am Donnerstag hat der Asse-Betreiber vom niedersächsischen Umweltministerium die Genehmigung für Probebohrungen in dem ehemaligen Salzbergwerk erhalten – mit 32 Auflagen.
„In der Vergangenheit versäumte Sicherheitsauflagen“, sagte BfS-Sprecher Werner Nording am Donnerstag der taz, „können nicht rückgängig gemacht werden, indem man heute bei den Auflagen überkompensiert“. Vor zu hohen Auflagen hatte das Bundesumweltministerium die Genehmigungsbehörde in Hannover bereits vorab gewarnt: Die Bedingungen müssten angemessen sein – trotz aller Sicherheitsbemühungen.
Nach der jetzt vorliegenden Genehmigung muss das BfS nicht nur nachweisen, welche Schutzmaßnahmen für die MitarbeiterInnen getroffen werden. Zu den Bedingungen gehört auch der Nachweis, wie mit aus den Kammern austretenden radioaktiven Stoffen oder möglichen Störfällen - durch Bohrungen ausgelöste Brände oder Explosionen - umgegangen werden soll. Wie lange man für das Abarbeiten der Auflagen brauchen werde, konnte das BfS am Donnerstag noch nicht abschätzen.
In der Asse drängt derweil die Zeit: Gutachten zufolge ist das Bergwerk, in dem rund 126.000 Fässer schwach und mittelradioaktiver Müll liegen, bis 2020 standsicher. Lauge sickert schon seit 1988 in die Asse - täglich rund 12.000 Liter. Erst in der vergangenen Woche hat das BfS vor einer der Kammern den höchsten radioaktiven Wert gemessen, den es dort jemals gegeben hat: 240.000 Becquerel Cäsium-137. Derzeit werde zwar versucht, die Asse zu stabilisieren, größere Wassermengen können aber jederzeit eindringen, erklärte BfS-Sprecher Nording.
Um die Asse stillzulegen, wollen das Bundesumweltministerium und das BfS den strahlenden Müll aus den Kammern räumen und das Bergwerk verschließen – ein Vorhaben, für das es weltweit keine Vorbilder gibt. Auch Greenpeace und der Nabu sprechen sich für diese Variante aus. Einzig die Rückführung, heißt es von Greenpeace, biete Langzeitsicherheit für Bevölkerung und Umwelt.
Im ersten, nun genehmigten Schritt sollen zwei Kammern angebohrt und Sonden mit Kameras eingeführt werden. Die Messungen und Bilder sollen ersten Aufschluss über den Zustand der Fässer bringen, die zum Teil einfach in die Kammern gekippt wurden. In weiteren Schritten plant das BfS, die Kammern zu öffnen und einige Fässer für Untersuchungen zu entnehmen.
Unklarheit herrscht auch über den Inhalt der Fässer. Erst nach dieser Faktenerhebung lasse sich abschätzen, ob der Plan, den Müll zu bergen, tatsächlich realisiert werden kann, heißt es vom BfS.
Dort hat man lange auf die Erlaubnis für die Probebohrungen gewartet: Die war bereits im vergangenen Herbst beantragt worden. Bürgerinitiativen und Landtags-Opposition hatten Niedersachsens traditionell atomfreundlich gestimmten FDP-Umweltminister Hans Heinrich Sander zwischenzeitlich vorgeworfen, er sabotiere die Rückholung des Atommülls.
Sander selbst sprach am Donnerstag von einem „sehr komplexen Entscheidungsprozess“. Im Vordergrund stehe die Sicherheit der Asse-Beschäftigten und „dass die Arbeiten schadlos für die Menschen in der Region und die Umwelt geschehen“.
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