: Atome billiger entsorgen
■ BUND sorgt sich: Bundesregierung will Strahlenschutzverordnung ändern
Düsseldorf (taz) – Vor einer Aufweichung atomrechtlicher Bestimmungen warnen der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz. Planungen der Bundesregierung sähen die Entlassung schwach radioaktiver Abfälle aus der atomrechtlichen Überwachung vor, fürchten die beiden Umweltverbände.
Hintergrund: Am 3. 9. hatte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung atomrechtlicher Vorschriften zum Strahlenschutz vorgelegt. Künftig solle stärker belasteter Schrott verdünnt und dann als gewöhnlicher Abfall gelagert werden, warnte Traute Kirsch, atompolitische Sprecherin des BUND NRW. Die bisher verbotene Verdünnung solle durch die Atomrechtsnovelle rechtlich festgeschrieben werden.
Die Bundesregierung wolle „den Atomfirmen durch unverantwortliche Änderung der Strahlenschutzverordnung den Ausweg aus der Entsorgungsmisere ebnen“, kritisierte die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt am Donnerstag vor Pressevertretern. Die Bundesregierung solle aber das Widerstandspotential der Anti-AKW-Bewegung nicht unterschätzen, betonte sie.
Kirsch sagte, dass die Gefahren radioaktiver Reststoffe, die beim Abbau von Atomkraftwerken anfallen, unterschätzt würden. So werde in ihrer Heimatstadt Höxter schon jetzt zum Teil kontaminierter Beton des im Abbau befindlichen AKWs Würgassen für den Unterbau einer Straße genutzt. „Die Betreiber kriegen noch Geld für ihren Müll“, ärgert sich BBU-Vorstandsmitglied Eduard Bernhard. Er forderte einen öffentlichen Erörterungstermin für den Abbau des AKWs. Im Fall Würgassen bedeute Verdünnung, dass lediglich zwei Prozent des anfallenden Materials in einem speziellen Endlager für radioaktiven Müll gelagert werden sollen. Das Beispiel zeige, so Zahrnt, dass Verfahren und Techniken entwickelt werden müssten, die eine AKW-Demontage ohne „Unmengen an Müll“ ermöglichten. Insbesondere sei ein überlegtes Vorgehen notwendig, um die stark verstrahlten Anteile vom Rest des anfallenden Mülls zu trennen. Der Verdünnungsansatz erinnere sie an das Prinzip der „hohen Schornsteine im Bereich der Luftreinhaltung“ und sei Ausdruck davon, dass das Gefährdungspotenzial falsch eingeschätzt werde. So sei die Verwendung des radioaktiven Betons im Straßenbau ein „Langzeitversuch ohne wissenschaftliche Kontrolle“. Zahrnts Resümee: „Man muss auf viel Wissen und Ingenieurskunst setzen, statt den anfallenden Müll auf die primitivste Art und Weise loszuwerden.“
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