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Atom kein Thema

Bei seinem ersten Indienbesuch spricht Außenminister Joschka Fischer die indischen Atomtests im Unterschied zu Sonia Gandhi gar nicht erst an

NEU DELHI ap/dpa ■ Deutschland und Indien haben ihren Wunsch unterstrichen, ständige Mitglieder in einem reformierten UN-Sicherheitsrat zu werden. Das geht aus einem Handlungskatalog zur Intensivierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern hervor, den Bundesaußenminister Joschka Fischer und sein indischer Kollege Jaswant Singh gestern in Neu-Delhi vereinbarten.

Der indische Atomwaffenversuch von 1998, der zu einer Abkühlung der Beziehungen geführt hatte, wird in dem Dokument nicht erwähnt. Es heißt lediglich, beide Länder hätten unterschiedliche Auffassungen darüber, wie weltweite Abrüstung und Nichtverbreitung vorangetrieben werden sollten.

Mit der neunseitigen „Agenda für die deutsch-indische Partnerschaft im 21. Jahrhundert“ sollen die bilateralen Beziehungen ausgebaut werden. Beide Länder hätten gemeinsame Interessen und gemeinsame demokratische Wertvorstellungen. Zur Sicherheitspolitik wird erklärt, dass die 1993 vereinbarten regelmäßigen Konsultationen zu Abrüstungsfragen „verstärkt auch zur Annäherung der unterschiedlichen Auffassungen in Fragen der nuklearen Nichtverbreitung und Abrüstung genutzt werden sollen“.

Die Zusammenarbeit in Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturangelegenheiten soll intensiviert werden. Unter anderem sollen bürokratische Hürden weiter abgebaut und gegenseitige Wirtschaftsinvestitionen gefördert werden. Ein Stufenplan soll überdies mehr Luftverkehr ermöglichen. Auch bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Drogenkriminalität soll die Zusammenarbeit verstärkt werden.

Fischer traf am zweiten und letzten Tag seines Indienbesuchs in Neu-Delhi mit Ministerpräsident Atal Vajpayee zusammen. Der versicherte Fischer, dass Indien im Kaschmir-Konflikt mit Pakistan „eindeutig dialogbereit“ sei, Pakistan aber den „grenzüberschreitenden Terror“ beenden müsse.

Weder bei dem Treffen mit Vajpayee noch den Gesprächen mit Staatspräsident Kocheril Narayanan seien die Atomversuche zur Sprache gekommen, hieß es anschließend aus diplomatischen Kreisen. Allerdings habe Oppositionsführerin Sonia Gandhi, mit der sich Fischer ebenfalls traf, Kritik an den Versuchen geübt.

Vor seinen gestrigen Gesprächen war Fischer noch einmal auf das in Deutschland umstrittene Thema Green Card zu sprechen gekommen. Er bezeichnete die Debatte darüber „als bizarr und rückwärts gewandt“. Fischer hatte sich mit jungen indischen Informationstechnikern in Bangalore unterhalten. Diese hatten ihm erklärt, sie hätten nur geringes Interesse, nach Deutschland zu kommen.

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