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Asylrecht zum Abschuß freigegeben

Union sondiert mit der FDP über eine Verknüpfung einer Grundgesetzänderung mit der Verabschiedung des Schengener Abkommens/ Einwanderungsgesetz strikt abgelehnt  ■ Aus Berlin Tissy Bruns

Erwin Marschewski (CDU) und Wolfgang Zeitlmann (CSU) hatten wenig Neues von der Klausurtagung der Unions-Innenpolitiker mitgebracht und trotzdem allen Grund zur Zufriedenheit. Denn die Beschlüsse des Koalitionspartners FDP zum Asylrecht veranlassen zu den schönsten Hoffnungen. Schien es zu Beginn dieser Legislaturperiode wegen der Haltung von SPD und FDP noch fast aussichtslos, den Grundgesetzartikel 16 zu ändern, werden nun die verfassungsändernden Mehrheiten immer wahrscheinlicher.

Die Union jedenfalls baut darauf, daß ihr europäisches Junktim klappen wird. „Nur mit europäischen Lösungen“, so die Union, „können wir den immer stärker anschwellenden Strom von Flüchtlingen und Asylbewerbern bewältigen.“ Die CDU/ CSU-Fraktion hat einen Antrag zur Grundgesetzänderung parallel zur anstehenden Verabschiedung des Schengener Abkommens eingebracht. Als die Bundesregierung das Ratifizierungsgesetz zu Schengen im Februar beschloß, hatten Unions- und FDP-Minister gegensätzliche Erklärungen zu Protokoll gegeben. Erstere bestanden auf einer Änderung des Artikels 16, letztere hielten das für überflüssig. Das Schengener Übereinkommen regelt den Abbau von Grenzkontrollen zwischen den beteiligten acht europäischen Staaten und — als Kompensation für die Freizügigkeit — die Zuständigkeiten für Asylverfahren. Am Montag haben Präsidium und Vorstand der FDP ihre bisherige Position aufgegeben, nach der eine mögliche Änderung des Grundgesetzes allenfalls am Ende eines europäischen Harmoniesierungsprozesses denkbar war. Im Bundesvorstandspapier der FDP heißt es nun: „Die Ergänzung des Grundgesetzes kann auch vor der zeitlich nicht absehbaren Einigung in der EG erfolgen, wenn dabei das individuelle Grundrecht für die Verfolgten erhalten bleibt.“ Für denkbar hält die FDP Listen von Nichtverfolgerstaaten (Länderlisten), die von einer unabhängigen Kommission vorgelegt werden sollen. Für ein gemeinsames europäisches Recht nennt die FDP als Standard die einheitliche Anwendung und Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention, die Einzelfallprüfung, den Schutz vor Zurückschiebung.

In ersten Gesprächen, die gestern abend begonnen haben, will nun die Union ausloten, ob ihr Koalitionspartner auf die Verknüpfung von Schengen-Ratifizierung und Grundgesetzänderung eingeht. Zeitlmann, ungewohnt geduldig: „Jetzt muß man das Gespräch suchen.“ Sondieren will auch Marschewski: der Unions-Entwurf sei „unser Vorschlag zur Beratung“.

Nicht nur die FDP, auch aus der SPD hat es in den letzten Wochen mehrfach Signale gegeben, daß im Zuge europäischer Angleichung Asylrechtsänderungen vorstellbar sind. Vielleicht, weil sich alle so bereitwillig auf die Union zubewegen, sieht diese um so weniger Grund zu neuen Überlegungen. Ein Einwanderungsgesetz halten CDU/CSU „vor dem Hintergrund des Mißbrauchs des Asylrechts als Einwanderungsinstrument für derzeit überflüssig“. Zeitlmann ergänzte gar, daß er es nicht nur derzeit, sondern für grundsätzlich überflüssig halte, denn: „Wir müssen abwehren, die Zuwächse an Menschen.“ Auch das Staatsangehörigkeitsrecht, nach Koalitionsvereinbarung reformbedürftig, soll beim antiquierten „ius saguinis“ bleiben. Modern immerhin, daß die Blutsbande künftig auch uneheliche Kinder deutscher Väter zu Deutschen machen können. Jedenfalls: keine Einführung des „ius soli“, des Territorialprinzips, das bei allen europäischen Nachbarn gilt.

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