Wieder ohne Leine

Bundesverwaltungsgericht kippt Hundeverordnung in Schleswig-Holstein: Rassemerkmal nicht zulässig

Nach der Hundeverordnung in Niedersachsen hat am Mittwochabend das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auch die Hundeverordnung in Schleswig-Holstein gekippt und für rechtswidrig erklärt. Grund: Als Kriterium zur Einstufung der Gefährlichkeit eines Tieres stützt sich die Verordnung ausschließlich auf das Rassemerkmal. Dies sei nicht zulässig, befanden die Richter. Innenminister Klaus Buß (SPD) ordnete gestern als Reaktion auf den Richterspruch an, dass ab sofort auch wieder Hunde der so genannten „Kategorie I“ – also Kampfhunde wie Pitbull oder American Staffordshire – ohne Leine und Maulkorb rumtoben dürfen.

Ausgangspunkt der Länder-Hundeverordnungen war das Vorgehen des rot-grünen Senats in Hamburg gewesen: Der hatte nach den tödlichen Pittbullbissen von Wilhelmsburg im Juni 2000 – der sechsjährige Volkan wurde dort von zwei Kampfhunden getötet – hastig eine neue so genannte Kampfhundeverordnung verabschiedet. Die anderen Länder zogen nach.

Für die Bundesverwaltungsrichter ist die Rasseliste unzulässig. Es sei wissenschaftlich überhaupt nicht geklärt, welche Bedeutung der genetischen Veranlagung als Antrieb für Beißattacken im Verhältnis zu anderen Ursachen wie Erziehung und Ausbildung zukomme. Der Pitbull von Wilhelmsburg war von seinem Halter als Kampfmaschine für Hundekämpfe trainiert worden.

Während Buß gestern erklärte, das Urteil bedeute keine Rückkehr zum alten Recht ohne jegliche Rassendefinition, kommentierte der FDP-Abgeordnete Heiner Garg für die Opposition: „Die Rasseliste gehört in den Reißwolf.“ Der Hamburger Schwarz-Schill-Senat hatte die Hundeverordnung im Sommer novelliert und das Rassemerkmal zugunsten eines individuellen Wesenstests für jeden Vierbeiner gestrichen. KAI VON APPEN