ARIANE SOMMER PFLANZEN ESSEN
:

Neulich auf dem Geburtstag meines Onkels: „Und, bei der Knochendichte, alles okay?“, fragt ein Verwandter, als ich ein Stück Spanferkel verweigerte, das auf dem Grill vor sich hin brutzelte. Er guckt, als ob er mich lieber fragen wolle, ob ich noch ganz dicht sei.

Mit meiner Antwort, „Danke, meinen Knochen geht es bestens“, gibt er sich nicht zufrieden. Woher ich denn mein Eiweiß bekäme, will er wissen. „Wenn du so fragst“, grinse ich und beginne runterzurattern: „Spinat, Spirulina, Wildreis, Quinoa, Chia, Linsen, Bohnen, Erbsen, Kartoffeln, Pilze, Tofu, Tempeh, Lupinen, Mandeln, Erdnüsse …“ „Aber woher bekommst du das Vitamin B12?“, unterbricht er mich. Das könne mein Körper nun wirklich nicht aus einer rein pflanzlichen Ernährung ziehen.

Stimmt. B12 wird jedoch weder von Tieren noch von Pflanzen hergestellt. Mikroorganismen produzieren es. Zum Beispiel Bakterien in den Verdauungsorganen der Tiere, aus denen das B12 dann in Muskeln, Organe und Milch gelangt. Oder es kommt vor in Algen, wie der ostasiatischen Nori-Alge, allerdings müsste diese in ihrer Rohform verzehrt werden, um das B12 aufzunehmen, was im Alltag eher schwierig umzusetzen ist. Deshalb nehme ich täglich Vitamin B12 in Tablettenform ein.

„Aha!“, triumphiert der Verwandte, „das ist aber nicht wirklich natürlich.“ Ja, genauso wenig, wie es die Massentierhaltung oder der Anbau von Monokulturen ist.

Ob Fleischesser oder Veganer: Weder essen wir wie unsere Vorfahren, die ausschließlich unraffinierte Lebensmittel verzehrten, noch leben die meisten von uns in unberührter, von den Giften des Fortschritts unbelasteter Natur. Unsere Umwelt können wir uns eben nicht immer aussuchen. Genauso wenig wie unsere Verwandten.

Ariane Sommer schreibt hier alle zwei Wochen über veganes Leben Foto: Manfred Baumann