Mit der Tram unterwegs

JUBILÄUM Mit Pferden auf den Weg gebracht, Teilungsopfer, mit Zug in die Zukunft – die Berliner Straßenbahn feiert 150-Jähriges

Es gibt nichts Gutes, wusste Erich Kästner, außer man tut es. Straßenbahnfahren zum Beispiel. Tut gut. Und hat ja der Kästner selbst gemacht. Das kann man sich auch anschauen: In einem Cameo-Auftritt ist der Schriftsteller in der ersten Verfilmung seines Buchs „Emil und die Detektive“ 1931 Zeitung lesend in der Straßenbahn zu sehen, in die Emil steigt, als er in Berlin ankommt.

Ein paar nüchterne Zahlen: 189,4 Kilometer lang ist das Berliner Streckennetz mit rund 800 Haltestellen. Nach Melbourne und Sankt Petersburg das drittgrößte Straßenbahnnetz der Welt.

Seit jetzt 150 Jahren hat man das Vergnügen, mit der Straßenbahn zu fahren. Als Geburtsstunde gilt der 22. Juni 1865, als in Berlin die erste deutsche Pferdebahnlinie den Betrieb aufnahm. Was gefeiert wird, am Montag, 22. Juni, mit einem Festakt und einer kleinen Wagenparade auf dem Alexanderplatz. Außerdem erscheint an dem Tag im Nicolai Verlag mit „Die Bahn, die Berlin bewegt“ eine reich bebilderte Straßenbahnwürdigung.

Die Pferdebahnlinie damals führte übrigens vom Brandenburger Tor über die heutige Straße des 17. Juni nach Charlottenburg. Also Richtung Westen, nur mal zur Erinnerung.

Denn heute ist Straßenbahnfahren ein Spaß, den man sich, ein paar nachwendische Meter im Streckennetz ausgenommen, nur im Osten der Stadt gönnen kann. Präziser: im ehemaligen Ostberlin. Das Berliner Straßenbahnnetz markiert weiterhin die einstige Teilung der Stadt. Im Westen wurde ab den fünfziger Jahren die Straßenbahn als ein veraltetes Verkehrsmittel betrachtet. Außerdem brauchte man den Platz auf den Straßen für Autos. Deswegen fuhr in Westberlin am 2. Oktober 1967 letztmals eine Straßenbahn. Im Osten dagegen, wo man nicht ganz so auf den Individualverkehr setzen wollte, wurde das Netz noch ausgebaut.

Eben fast 190 Kilometer sind es heute. Es dürften ruhig noch viele Kilometer zum Guten mehr werden. Wer aber Straßenbahn am liebsten nostalgisch haben will: Jetzt am Sonntag startet der Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin wieder mal eine Fahrt mit historischen Straßenbahnen, um 11 und 14 Uhr ab der Gleisschleife am S-Bahnhof Adlershof. THOMAS MAUCH

■ Info: www.dvn-berlin.de