Etliche Millimeter näher zum Ziel

ERDERWÄRMUNG Die Staatenvertreter bei der Klimakonferenz in Bonn machen kleine Fortschritte zu einem neuen Abkommen – und sie schaffen einen lang erwarteten Durchbruch beim Schutz der Wälder

BONN/CHIANG MAI taz | Bei der Klima-Zwischenkonferenz in Bonn haben sich die Delegierten von 193 UN-Staaten auf einen leicht gekürzten Text für das geplante globale Klimaabkommen von Paris im Dezember geeinigt – und als positiven Nebeneffekt nach zehn Jahren den Schutz der Tropenwälder geklärt. Zu wirklichen Lösungen bei den schwierigen Fragen wie der Finanzierung, dem Schadensersatz oder der Reduktion von Emissionen kam es bei dem am Donnerstag beendeten Treffen allerdings nicht. Trotzdem zeigte sich die Klima-Gesandte des französischen Präsidenten, Laurence Tubiana, optimistisch: „Wir haben eine Menge Vertrauen gewonnen und sind im Zeitplan.“

Die Abholzung und Rodung der Regenwälder ist für rund ein Fünftel der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Seit zehn Jahren wird daher im Rahmen der UN-Klimakonvention über die „Reduktion der Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung“ verhandelt. Die Länder haben die letzten ausstehenden Streitfragen so geregelt, dass das Programm bei der Konferenz in Frankreich offiziell verabschiedet werden kann.

In Bonn wurden drei Streitfragen geklärt: Nun dürfen die umstrittenen „Marktmechanismen“ wie der Emissionshandel zum Einsatz kommen, um Geld aufzutreiben, Finanzen sollen aber auch anderweitig, etwa durch Staatsgeld, beschafft werden. Beim Waldschutz ist auch der Schutz wichtiger Gebiete, etwa von Wasserscheiden, wünschenswert, aber nicht zwingend, wie es die afrikanischen Länder gefordert hatten.

Am umstrittensten waren die sogenannten Sicherheitsklauseln (engl. Safeguards). Mit diesen Klauseln soll verhindert werden, dass der Schutz der Wälder zu Lasten der Waldbewohner oder der Artenvielfalt erfolgt. Die Geberländer und die Vertreter von indigenen Völkern wollten hier starke Sicherheiten, während Waldländer wie Brasilien argumentierten, solche Sicherheitsklauseln seien unnötig. Hier hat man sich auf ein Berichtswesen geeinigt: Die Waldländer müssen regelmäßig erklären, was sie zum Schutz der Waldbewohner tun. Aus Sicht von Donald Lehr von der „Safeguards-Arbeitsgruppe“ ist dieses Resultat nur knapp genügend: „Die Sicherheiten sind minimal.“ Rosalind Reeve von der Ateneo-Universität in Manila dagegen begrüßte, dass es genügend Ansatzpunkte für „schrittweise“ Verbesserungen gebe.

Für viele Beobachter kam die Einigung überraschend, da sie die Staaten im Verdacht hatten, das Thema aus taktischen Gründen zu verzögern. „Der heutige Durchbruch ist unerwartet und die Länder verdienen Lob für ihre harte Arbeit“, sagt Gustavo Silva-Chávez von der US-Waldinitiative Forest Trends.

CHRISTIAN MIHATSCH, BPO