„Kein Elend, kein Luxus“

WERKSCHAU Das Metropolis-Kino in Hamburg zeigt Filme des kommunistischen Schriftstellers Christian Geissler

Bekannt ist er vor allem durch seine Romane: „Anfrage“ hat Christian Geissler geschrieben, „Das Brot mit der Feile“ oder „Kamlatta“. Aber der 1928 in Hamburg geborene und 2008 ebendort gestorbene bekennende Kommunist hat auch regelmäßig für Radio und Fernsehen gearbeitet. In den späten 1950er-Jahren war er beim Norddeutschen Rundfunk, später Hörspielautor und erhielt 1993 den Hörspielpreis der Kriegsblinden.

Von den 60er-Jahren an schrieb er Fernsehspiele, meist für den NDR – aber einmal auch fürs Fernsehen der DDR: Für „Nürnberger Resümee“ (1966) schrieb Geissler eine Anklageschrift aus dem Nürnberger Kriegsverbrecherprozess auf den Vietnamkrieg um, Seit den 70er-Jahren arbeitete er dann auch als Dokumentarfilmer und bekam 1973 einen Adolf-Grimme-Preis für „Wir gehen ja doch zum Bund – Arbeiter unter 18“.

Wenn das Metropolis-Kino in Hamburg bei seiner Retrospektive nun gerade mal zwei Regiearbeiten zeigt, hat dies viel mit der mangelnden Archivierungssorgfalt der Fernsehanstalten zu tun, aber nichts mit der Qualität von Geisslers Filmen: Seine Filmografie bis heute nicht vollständig dokumentiert.

Anlass für die dreitägige Beschäftigung ist das Erscheinen des Bandes „Schlachtvieh. Kalte Zeiten“ im Rahmen der Geissler-Werkausgabe im Berliner Verbrecher Verlag. Für diese Neuausgabe hat Michael Töteberg ein Nachwort geschrieben. Von seinen Recherchen über Geissler als Fernsehautor wird er am 16. Juni erzählen – und zwei Dokumentarfilme vorstellen.

„Hamburg 6. Karolinenviertel“ (1971) ist eine Milieustudie des damaligen „Armeleuteviertels“. Bei den Recherchen zur Sozialreportage „Ein Jahr Knast“ war Geissler aufgefallen, dass viele straffällige Jugendliche aus diesem Quartier kamen. Mit seiner Kamera befragte er dort „Halbstarke“ oder auch einen Sonderschulrektor, der von „sozialer Vererbung“ spricht.

Über „eine Straße mit Wohnungen, Läden, Kneipen und Handwerk, Arbeit und Gemütlichkeit, kein Elend, kein Luxus“ – so sein einführender Kommentar – hat Geissler 1975 „Himmelstraße“ gedreht. Darin befragte er vor allem Ältere: Ein Fahrradmechaniker erzählt begeistert vom Krieg, eine 86-Jährige will nicht ins Altersheim – und alle schildern, wie sehr die Arbeit ihr Leben bestimmte und wie wenig sie selbst es gestalten konnten.

Am 17. und 18. Juni laufen dann noch die beiden Fernsehspiele „Schlachtvieh“ (1963) und „Wilhelmsburger Freitag“ (1964), zu denen Geissler die Drehbücher schrieb und bei denen Egon Monk Regie führte.  HIP

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