Proteste, Flammen und schwindende Mehrheiten

MEXIKO Die Regierungskoalition scheint ihre Parlamentshoheit knapp zu behaupten

MEXIKO-STADT rtr/epd/afp | In Mexiko wackelt nach den Parlamentswahlen die ohnehin hauchdünne Regierungsmehrheit von Präsident Enrique Peña Nieto. Nach den am Montag veröffentlichten Hochrechnungen des mexikanischen Bundeswahlleiters kann seine Koalition mit 246 bis 263 Sitzen rechnen. Das Parlament verfügt über 500 Mandate, von denen die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) sowie ihre beiden kleineren Partner Neue Allianz und Grüne zusammen bislang mit 251 Sitzen über eine Mehrheit von einer Stimme verfügten.

Die niedrigsten Prognosen sehen die Koalition bei 246 Mandaten und einer verfehlten Mehrheit. Doch die Wahrscheinlichkeit einer knappen Mehrheit ist sehr hoch. Die Wahl gilt als Stimmungstest für Peña Nieto in der Mitte seiner Amtszeit. Die rechte Oppositionspartei PAN kam auf rund 21 Prozent der Stimmen und die Linkspartei Morena auf 10 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 47 Prozent.

Der unabhängige Kandidat Jaime Rodríguez wurde zum inoffiziellen Sieger der Gouverneurswahl in Nuevo León erklärt. Damit verdrängte er die regierende PRI aus einem wichtigen Bundesstaat, in dem die Wirtschaftsmetropole Monterrey beheimatet ist. Rodríguez’ Popularität wurde auf die Verärgerung von Wählern über die politischen Parteien zurückgeführt, von denen jede mit Korruptionsskandalen behaftet ist.

„Ich denke, im gesamten Land wird dies den politischen Parteien dabei helfen, sich zu erneuern und zu wandeln, damit sie besser sein können“, sagte Rodríguez. Er werde ihnen einen „sechsjährigen Urlaub“ geben, fügte er hinzu und kündigte an, als Gouverneur zuerst gegen Korruption vorzugehen.

Ausschreitungen gab es in den Bundesstaaten Oaxaca, Chiapas und Guerrero im Süden und Südwesten des Landes. In diesen Bundesstaaten schützten rund 40.000 Soldaten und Bundespolizisten die Wahllokale. Die radikale Lehrergewerkschaft CNTE hatte zu einem Boykott der Abstimmung als Protest gegen eine geplante Bildungsreform aufgerufen.

In Guerrero, wo die Menschen unter der Gewalt rivalisierende Drogenkartelle leiden, hatten sich auch die Angehörigen der vor mehr als acht Monaten getöteten 43 Lehramtsstudenten gegen die Wahlen ausgesprochen. Sie befürchteten Korruption und Wahlbetrug.

In Guerrero, Oaxaca und Chiapas stürmten laut der Zeitung El Universal Hunderte Demonstranten etwa 20 Wahllokale und verbrannten Stimmzettel. In der Ortschaft Xolopa im Bundesstaat Guerrero lieferten sich am Samstagabend rivalisierende Bürgermilizen einen Schusswechsel. 16 Menschen wurden getötet. In den anderen Bundesstaaten blieb es den Angaben zufolge am Wahltag weitgehend ruhig.