Armes, müdes Publikum

KONZERT Les Ambassadeurs, die legendäre zwölfköpfige malische Band, bringen ihre Zuschauer im Haus der Kulturen der Welt zum Tanzen

Das erlebt das Haus der Kulturen der Welt auch nicht alle Tage: Die zwölfköpfige Band aus Mali, Les Ambassadeurs, legt los, und im gut gefüllten Konzertsaal wird sich kollektiv von den Sitzen erhoben. Und alle tanzen und wollen nicht mehr aufhören damit.

Gut, darauf, wie man ein Publikum in Bewegung versetzt, verstanden sich Les Ambassadeurs schon immer. Die Band begann in den Siebzigern als Hotel-Tanzkapelle in Mali und arbeite daran, afrikanische Musik mit Einflüssen aus dem Westen, mit Funk, Soul und Jazz zu kreuzen, und wurde schnell zu einem funky Groovemonster und zu einer der bekanntesten Bands Afrikas, bis sie sich 1985 auflöste.

Seit Kurzem gibt es sie wieder, angeführt von drei Ur-Les-Ambassadeurs-Mitgliedern, die in den letzten Jahrzehnten unter eigenem Namen zu internationalen Stars der globalen Musikszene wurden. Verehrt, nicht nur von Blurs Damon Albarn, der als einer von vielen die Musik Afrikas für sich entdeckt hat. Für Stars dieser Größenordnung ist es manchmal gar nicht so leicht, sich wieder in das Kollektiv einer Band einzuordnen, bei Les Ambassadeurs aber hat man nicht das Gefühl, als würde es hier schwerwiegende Ego-Probleme geben.

Natürlich lässt sich der blinde Amadou Bagayoho immer wieder Raum genug von seiner Band geben, um seine E-Gitarre effektiv aufheulen zu lassen. Aber immerhin gilt er als Vater des sogenannten „Afro Blues“ und außerdem ist eben erst B. B. King gestorben, deswegen hat man nichts dagegen, dass Bagayohos auffallendes Spiel durchaus an das des Meisters erinnert. Etwas unscheinbarer agiert da Cheick Tidiane Seck, der immerhin schon mit Fela Kuti zusammengearbeitet hat. Er, ein gemütlich wirkender Mann mit rundem Gesicht, sitzt vor seiner Orgel und unterstützt mit ein paar simplen Akkorden lieber das Rhythmusgeflecht der Band, als zu zeigen, was er wirklich so draufhat.

Auffällige Erscheinung

Nicht einmal Salif Keita, der wohl bekannteste Künstler von Les Ambassadeurs, agiert im Vordergrund, obwohl der Sänger, auch wegen seines Albinismus, eine auffällige Erscheinung ist. Er läuft ein wenig auf der Bühne umher, schnappt sich nach Lust und Laune das Mikro und singt dann in seiner speziellen Art in der Tradition der Griots, der singenden Geschichtenerzähler Afrikas.

Wichtig bei Les Ambassadeurs ist nicht die Gitarre, nicht die Orgel, nicht der Gesang. Am wichtigsten ist, wie sich alles miteinander verbindet, Blues, Jazz, Pop, Polyrhythmik, die üppigen musikalischen Traditionen Malis. Einzelne Songs dauern lang, fransen aus, hier kommt ein Part des Bläsersatzes und dort eine kurze Improvisationseinlage der Gitarristen und Bassisten. Aber stets bleibt es umbarmherzig tanzbar, sodass sich das arme und irgendwann doch ein wenig müder werdende Publikum einfach nicht mehr setzen kann.

ANDREAS HARTMANN