Der Afro-Optimist

SONGWRITER Im Rückgriff auf die Vergangenheit liegt die Kraft für die Zukunft: Darum hat sich Blick Bassy den Bluesmann Skip James als Paten ausgesucht

Blick Bassy erzählt: „In meinem Heimstudio hängen Fotos von allen Leuten, die mich inspiriert haben: der Freiheitskämpfer und Staatschef Thomas Sankara, meine Mutter, Marvin Gaye, Charlie Chaplin – und Skip James.“ Und was verbindet ihn mit dem Bluesmann, der vor 90 Jahren am Mississippi lebte? „Skip hatte damals mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die Künstler heute. Er hat für all seine Aufnahmen in den 1930ern gerade mal 30 Dollar bekommen. Und auch heute, wo alle Leute Kultur über iPod und Handy konsumieren, können unbekanntere Musiker kaum überleben. Ich saß also da, schaute auf das Foto von Skip, und auf meiner Gitarre formten sich diese ruhigen Chansons.“

„Akö“ ist trotzdem keine Bluesplatte geworden. Elf Miniaturen enthält Blick Bassys drittes Werk. Eine sehr empfindsame Stimme, Gitarre, Cello, Posaune und ein bisschen Harmonika – mehr braucht es nicht für eines der überzeugendsten Alben des Jahres. Ab und zu entdeckt man in der Posaune eine seufzende Dampflok oder einen brüllenden Ochsen. Die Referenzen ans ländliche Amerika sind eher hintergründig, der Blues versteckt sich in der Melancholie.

Zunächst brachte der Musiker aus dem Volk der Bassa in Kamerun, der seit zehn Jahren in Nordfrankreich lebt, seine Lieder solo auf die Bühne, als Soundtrack eines Theaterstücks für Kinder.

Danach arbeitete er sie Schritt für Schritt mit einem kleinen Ensemble aus. Wenn er melodische Inspiration sucht, denkt Bassy an seine Jugend zurück, als er eine Weile bei Oma und Opa im Dorf lebte, wo alte Wandermusiker mit ihrer Gitarre durchkamen.

Auf „Akö“ geht er der Frage nach, wie das Vermächtnis der Altvorderen an die Jugend weitergegeben werden kann. Er singt in seiner Muttersprache, die Texte schlagen eine Brücke ins Hier und Jetzt: „In allen Chansons geht es um die Übermittlung von Werten an die junge Generation.“ Ein Ururgroßvater tritt auf und fragt, warum wir das Modell der afrikanischen Familie nicht mehr aufrechterhalten. Warum wir versuchen, wie im Westen zu leben. Ein Kind spricht und fragt die Mutter, warum sie sich nicht kümmert, wo doch sogar Vögel und Katzen für ihren Nachwuchs sorgen.“

Blick Bassy ist „Afro-Optimist“ – er glaubt, die neuen Technologien befähigten Afrikas Musiker, auch mit wenig Mitteln auf sich aufmerksam zu machen. Doch um bestehen zu können, müssten sie sich ihrer Traditionen bewusst sein.

STEFAN FRANZEN

■ Blick Bassy: Akö (NoFormat)