Ausdauernde Partnerschaft

KONZERT Zum Schluss ein Leuchten: Letztlich bringen Die Sterne ihren Chansonrock im Hebbeltheater doch noch zum Funkeln

Umseitig verteilte man Artigkeiten. Das Publikum spendete freundlich Applaus

Die Sterne: Sie sind nun schon so lange mit dabei, dass man sich gut mal wieder aufs Neue darüber wundern darf, was für einen prima Namen sich die Hamburger Band da verpasst hat.

Die Sterne. Ein poetisches sonnemondiges Sehnen klingt da an. Auch die ganze Überheblichkeit steckt im Namen drin, die allemal eine Geschäftsgrundlage ist im Pop. Dabei aber noch, gleichsam als Fußnote eingebaut in den Diskurs, auf die Übersetzungsverhältnisse verweisend, in denen Pop in Deutschland nun mal stattfindet. Die Stars jedenfalls wäre doch arg plump und anmaßend ausgefallen, dafür hätte man die Band, neben Blumfeld und Tocotronic immer als die tanzbare Variante des Hamburger Diskursrock gehandelt, nur abwatschen können.

Außerdem hat man es bei der Band mit dem prima Namen mit einer recht ausdauernden musikalischen Lebensabschnittspartnerschaft zu tun. Gegründet 1992, ist sie im Dreierkern immer noch mit denselben Musikern unterwegs. Nur die Position des Keyboarders wurde mit den Jahren zur Variablen. Diese Beständigkeit kann man fast schon Trotz nennen im Blick auf den gegenwärtigen Pop, bei dem das Prinzip Band keineswegs mehr das Role Model ist. Zumal Die Sterne trotz ein paar Indie-Hits wie „Universal Tellerwäscher“ und „Was hat dich bloß so ruiniert“ nicht unbedingt vom Erfolg so fest in den Griff genommen wurden, dass sie schon deswegen in dieser Bandpartnerschaft verharren müssten.

Die Hits wurden dann auch am Mittwoch im propper gefüllten HAU 1 gespielt. Dass das Theater nicht ganz voll war, lag bestimmt daran, dass ein paar Sterne-Fans halt gleichfalls Nick Cave und den Fußball zu schätzen wissen und deswegen an dem Abend bei Cave im Friedrichstadtpalast oder vor dem Fernseher saßen, um dort den Champions-League-Kick zwischen Barcelona und Bayern zu gucken.

Zuerst widmeten sich Die Sterne ausgiebig ihrem aktuellen, im vergangenen Jahr erschienenen Album, „Flucht in die Flucht“, dessen Lieder wie etwa die melodiös schön ausgeleuchtete und im knackigen Sterne-Funk verpackte Selbstwerthymne „Mein Sonnenschirm umspannt die Welt“ im Konzert allerdings erst mal nach einem dezenten Chansonrock klangen. Ein wenig lahm. Zwischendurch meinte man doch, in früheren Konzerten der Band mehr an Dringlichkeit und auch Unerbittlichkeit gehört zu haben, während an dem Abend der Gesang von Frontmann Frank Spilker fast milde nach Liedermacherton klang, wenn er von den kleinen Fluchten im Alltag sang, vom Gentrifizierungswahn, und dass das Landleben auch keine Lösung sei. Und dass man eben schon weiterhin ein wenig quer zur Gesellschaft stehen will.

Mit den eingestreuten älteren Titeln und energischen Disco-Schüben kam dann aber endlich etwas Bewegung in den Saal. Umseitig verteilte man Artigkeiten. Das Publikum spendete freundlich Applaus, auf der Bühne hatte man einen umgänglich plaudernden Spilker. Alles entwickelte sich so okay, dass man gern mit sich einig werden mochte, dass der Rock eben nicht ein Leben retten muss und ein Konzert gut auch einfach mal als ein netter Abend durchgehen darf.

Und gerade als man das mit dem netten Abend friedfertig für sich beschlossen hatte, wurde es mit den letzten Liedern sogar noch ein bisserl mehr. Spilker plauderte nicht mehr, dafür war da jetzt auch eine Schroffheit in der Musik, die überhaupt so an Fahrt aufgenommen hatte, dass selbst das Liedermacherhafte weggewischt wurde.

Energisch wurde nun getanzt. Jetzt jubelte das Publikum nicht mehr allein aus der Erinnerung heraus. Am Schluss leuchteten sie dann doch noch in der Nacht: Die Sterne. THOMAS MAUCH