Den schlimmsten Dreck behalten und abwickeln

VATTENFALL Kein Verkauf der Braunkohlesparte ohne „konkreten Klimagewinn“, fordern die Grünen

STOCKHOLM taz | Vielleicht bekommt das Klima doch noch eine Chance. In Schweden hat die grüne Miljöpartiet, die mit den Sozialdemokraten regiert, einen Kompromiss vorgeschlagen, wie der Staatskonzern Vattenfall seine deutsche Braunkohlesparte wenigstens mit „irgendeiner Form von konkretem Klimagewinn“ verkaufen kann, wie die energiepolitische Sprecherin der Partei, Lise Nordin, sagte.

Entweder müsse Vattenfall die ältesten Kraftwerke behalten und in den nächsten Jahren stilllegen, so Nordin. Oder die Pläne für die Öffnung neuer Tagebaue müssten gestoppt werden. Wie das beim Verkauf sichergestellt werden könne, sei eine juristische Frage, die lösbar sei.

Die Grünen versuchen damit, wieder Anschluss an ihre Kernklientel zu finden. Denn zuletzt hatte es den Anschein, als seien sie auf die Argumentationslinie des Koalitionspartners eingeschwenkt. Diesem geht es darum, einen möglichst hohen Verkaufspreis für die dreckige Sektion zu erzielen und damit für den restlichen Konzern bessere Voraussetzungen zu schaffen, sich klimafreundlich aufzustellen – indem der Erlös in grüne Energieproduktion investiert würde.

„Schlimmsten Klimapopulismus“ hatte Annika Jacobsen, Chefin von Greenpeace Schweden, diesen Versuch genannt, „Europas schmutzigstem Energieunternehmen ein grünes Image verpassen“ zu wollen. Sich aus der Verantwortung zu stehlen, sei der „größte klimapolitische Fehler, den eine schwedische Regierung machen kann“.

Die neue Forderung der Miljöpartiet wollte der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Mikael Damberg nicht kommentieren. Nach wie vor scheint der Verkauf die erste Option zu sein. Neben Damberg machte das auch Vattenfall-Chef Magnus Hall deutlich. „Die Regierung hat Stellung bezogen, dass sie für einen Verkauf ist“, erklärte er.

Für die von schwedischen Umweltorganisationen, der Linkspartei und Teilen der Miljöpartiet vorgeschlagene Alternative, die Braunkohle komplett unter Vattenfall-Regie zu behalten und bis 2030 kontrolliert abzuwickeln, scheint es derzeit keine Chance zu geben. Die Kritiker der Regierungspläne hoffen nun darauf, dass die Kaufangebote so schlecht sind, dass sich der Verkauf nicht vor dem schwedischen Steuerzahler rechtfertigen lässt. REINHARD WOLFF