Absage an Bürgerversicherung

Als letzter Unionspromi zieht auch CSU-Vize Seehofer seine Unterstützung für eine Bürgerversicherung zurück. Gegen die CDU-Kopfpauschalen kämpft er aber weiter

BERLIN ap ■ Die von Rot-Grün geplante Bürgerversicherung im Gesundheitswesen ist für die Union endgültig vom Tisch. Auch CSU-Sozialexperte Horst Seehofer, bisher stärkster Befürworter des Konzepts im Unionslager, rückte am Freitag davon ab. Stattdessen trage er die Linie der CSU mit, das jetzige System der gesetzlichen Krankenversicherung im Wesentlichen beizubehalten.

Seehofer hatte sich monatelang für das Konzept der Bürgerversicherung eingesetzt, das alle Arbeitnehmergruppen und alle Einkommensarten für Kassenbeiträge heranziehen soll. Nun sagte der CSU-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung, er habe Parteichef Edmund Stoiber und der CSU immer gesagt, wenn es gelinge, innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung eine soziale Fortentwicklung zu gewährleisten, dann akzeptiere er das. Offenbar sei die CSU zu einer solchen Reform bereit. Das halte er für einen großen Fortschritt. Trotz der Absage an die Bürgerversicherung ist also weiter Streit mit der CDU programmiert, die einen Systemwechsel hin zu Kopfpauschalen plant.

Die CSU hat noch kein eigenes Reformkonzept verabschiedet. Stoiber hat sich aber klar gegen das von der CDU vorgeschlagene Modell von Kopfprämien ausgesprochen, bei dem für jeden Erwachsenen unabhängig vom Einkommen ein einheitlicher Kassenbeitrag fällig würde. Einen sozialen Ausgleich über Steuern hält die CSU für nicht finanzierbar. Er würde den Staat nach Expertenmeinung 28 bis 40 Milliarden Euro kosten.

Die CSU-Spitze will dagegen nach Angaben aus Parteikreisen den Kreis der Versicherten und auch die auf das Arbeitseinkommen bezogenen Beiträge wie heute erhalten. Nur soll der Arbeitgeberanteil festgeschrieben werden, um Unternehmen von steigenden Gesundheitskosten abzukoppeln.

Seehofer sagte, so bliebe der soziale Ausgleich zwischen Stark und Schwach, Gesund und Krank sowie Jung und Alt erhalten. „Und darauf kommt es mir besonders an.“ Er akzeptiere als Demokrat, dass sich seine Partei gegen eine Bürgerversicherung ausgesprochen habe. Das geplante CSU-Reformkonzept sehe stärkeren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern vor. Versicherte sollten mehr als bisher ihren Versicherungsschutz auf eigene Bedürfnisse zuschneiden können.

Nach den Grünen hatte sich zuletzt auch die SPD auf die Bürgerversicherung festgelegt. Allerdings ist das Modell der Sozialdemokraten noch sehr vage. Regierungsberater Bert Rürup, selbst ein Befürworter von Kopfpauschalen, sagte im Deutschlandfunk, die Entscheidung zwischen beiden Systemen sei letztlich eine ideologische und keine gesundheitspolitische. Bei den Kopfpauschalen stehe die Entlastung des Arbeitseinkommens im Vordergrund, bei der Bürgerversicherung die Kostenverteilung.

In CDU-Kreisen wurde Seehofers Schwenk als Einzelmeinung gewertet, die keinen Einfluss auf die Debatte zwischen den Schwesterparteien habe. Die CDU werde an den Kopfpauschalen festhalten. Der saarländische CDU-Chef Peter Müller kündigte für den bevorstehenden Parteitag einen Antrag für ein Prämienmodell „mit sozialer Dimension“ an. Danach soll der Arbeitgeberanteil bei 6,5 Prozent, die Gesamtbelastung für den Arbeitnehmer bei 15 Prozent des Einkommens festgeschrieben werden. Die Ausfälle der Kassen sollten über ein steuerfinanziertes Sondervermögen des Bundes in Höhe von 28 Milliarden Euro ausgeglichen werden.