„Am Markt durchgesetzt“

Das Fair-Handels-Unternehmen Ökotopia, ein ehemaliges Kollektiv, ist auf der Internationalen Grünen Woche 2008 erstmals mit einem eigenen Stand vertreten

BERND HASHAGEN, 55, ist einer der Geschäftsführer bei Ökotopia im Mehring-Hof. 1985 stieß er zum Unternehmen.

taz: Herr Hashagen, warum wurde Ökotopia gegründet?

Bernd Hashagen: Am Anfang war die Philosophie des Unternehmens, Jugendlichen eine qualifizierte Ausbildung im kaufmännischen Bereich zu ermöglichen, die sonst geringe Chance auf dem Arbeitsmarkt gehabt hätten.

Was bedeutet für Sie fairer Handel?

Für uns hat Fairer Handel zwei Hauptaspekte. Zum einen sind es langfristige Handelsbeziehungen: Seit vielen Jahren kaufen wir bei zum Beispiel UCPCO, einem Kooperationszusammenschluss und Partnerorganisation in Nicaragua. Der zweite Aspekt ist der Preis, der die Produktions- und Lebenshaltungskosten der Kleinproduzenten und die Kosten für die Infrastruktur abdeckt: Wir zahlen den Produzenten einen festen Mindestpreis, der auch in Zeiten schlechter Weltmarktpreise, also wenn der Kaffeepreis niedrig ist, nicht sinkt.

Wie steht es um den Kaffeepreis aus dem Ökosegment?

Momentan ist er recht hoch, da der weltweite Verbrauch insgesamt zugenommen hat.

Wie gewährleisten Sie, dass Ihre Produkte der Europäischen Bioverordnung entsprechen?

Die Produkte und alle Beteiligten in der Wertschöpfungskette werden regelmäßig kontrolliert: die Produzenten, die Transportunternehmen, die Röster und wir als Handelsunternehmen. Außerdem sind wir regelmäßig in Nicaragua bei der Kaffeeernte mit dabei.

Sind Ihre Kunden heute anspruchsvoller als in früheren Jahren?

Das kann man so nicht sagen. Die Ansprüche haben sich ein wenig verschoben. Früher kauften viele unsere Produkte lediglich deshalb, weil sie fair gehandelt waren. Heute hingegen kaufen weniger Kunden aus politischer Überzeugung heraus, als vielmehr vor allem weil sie qualitativ hochwertigen Biokaffee trinken wollen.

Hat sich Ihre Unternehmensphilosophie geändert?

1980 gründeten Mitglieder einer ökonomischen Forschungsgruppe der FU Berlin das Handelsunternehmen Ökotopia in Berlin – eine Non-Profit-Organisation, bei der die Überschüsse direkt in die Refinanzierung fließen. Mit kollektiven Eigentumsverhältnissen und sozialen Arbeitsbedingungen handelt das Unternehmen mit ökologisch angebauten und fair gehandelten Produkten wie Tee und Kaffee. Auf der Internationalen Grünen Woche ist das Biounternehmen mit einem eigenen Stand vertreten. SK

Ja, ein wenig. Anfangs hatten wir kaum Geld für die Refinanzierung übrig und konnten nur Überschüsse erwirtschaften, weil wir an unseren eigenen Löhnen gespart haben. Mittlerweile haben sich unsere Bioprodukte am Markt durchgesetzt und den Weg in die Supermärkte gefunden. Daher können wir uns heute selbst marktübliche Löhne auszahlen und vermehrt in den biologischen Anbau und in gleichberechtigte Handelspartner in aller Welt investieren.

1986 gründete Ökotopia mit anderen Gruppen aus dem Fair-Handels-Bereich die Mitka, Mittelamerikanische Kaffee Im- und Export GmbH. Welche Vorteile hat das?

Mitka garantiert feste Partnerschaften sowie einen Import nach Kriterien des Fairen Handels, alle Produzenten haben auf kontrolliert biologischen Anbau umgestellt, und der Anspruch an die Qualität des Kaffees wächst auf beiden Seiten.

INTERVIEW: SVEN KULKA