Gericht gestattet Wahl per Tastendruck

In Hessen dürfen die Bürger mit dem Computer abstimmen. Der Chaos Computer Club will jetzt Beobachter entsenden

BERLIN taz ■ Wahlbeobachter werden gemeinhin in zweifelhafte Demokratien wie Usbekistan oder Mauretanien entsandt. Doch auch in Hessen werden bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag Beobachter im Einsatz sein. Der hessische Staatsgerichtshof hat am Mittwoch einen Antrag gegen die Verwendung von Wahlcomputern abgelehnt. Nun will der Chaos Computer Club (CCC) Mitglieder und Unterstützer in die Wahllokale entsenden, um den Einsatz der Maschinen begutachten zu lassen.

„Wir werden überprüfen, ob die Regeln zur Lagerung, zu den Siegeln und zur Baugleichheit eingehalten werden“, sagt CCC-Sprecherin Constanze Kurz. Es werde immer wieder behauptet, mit den Maschinen gebe es keine Probleme. „Wir wollen sehen, ob das wirklich so ist.“

Der Staatsgerichtshof hatte erklärt, Bedenken gegen den Einsatz der Wahlcomputer könnten erst nach dem Urnengang im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens überprüft werden. Es lehnte damit einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Dieser war vom CCC und der Piratenpartei unterstützt worden, die mit einem Programm für mehr Datenschutz zur Hessen-Wahl antritt. Nach dem Scheitern des Verbots werden nun insgesamt acht hessische Kommunen die Wähler an die Tasten bitten. Rund 100.000 Wahlberechtigte würden somit ihre Stimmen an einem der Geräte abgeben, die von der niederländischen Firma Nedap hergestellt werden. Der CCC, der sich seit 1981 mit Fragen des Datenschutzes und der digitalen Sicherheit befasst, kritisiert die Wahlcomputer, „weil deren Ergebnis weder vom Wähler noch vom Wahlleiter oder Wahlhelfer überprüfbar ist“. Das Auswertungsverfahren in den Geräten sei völlig undurchsichtig, sagt Kurz. „Wahlmanipulationen sind so einfach wie nie.“

In den Niederlanden war 2007 der Einsatz der Nedap-Geräte gestoppt worden, nachdem es Computerspezialisten gelungen war, sie zu hacken. Die deutschen Maschinen wurden in der Zwischenzeit nachgebessert. Am 6. Dezember genehmigte das hessische Innenministerium die Geräte für die Landtagswahl.

Der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel hält die Kritik denn auch für überzogen. „Natürlich gibt es immer das Szenario der manipulierten Software“, sagt Hannappel. Für realistisch aber hält er diese Gefahr nicht. „Wenn jemand so stark manipulieren will, dass es ihm auch etwas bringt, dann fällt er sofort auf.“ Bei gravierenden Unterschieden zur vorherigen Wahl werde man die Geräte von der physikalisch-technischen Bundesanstalt auf Manipulationen überprüfen lassen. Die Ankündigung des CCC, die Wahlen beobachten zu wollen, sieht Hannappel gelassen: „Jeder hat das Recht dazu, aber es wird keine Probleme geben.“ Ob das zutrifft, wollen die Wahlbeobachter des CCC mit Notizblock und Fotokamera dokumentieren. Doch auch bei einer reibungslosen Wahl will der Verein aktiv werden. „Wir fechten die Wahl auf jeden Fall an“, sagt Kurz. LARS GAEDE