Kapitäne gesucht

Kommandant eines Schiffes zu sein, ist nicht unbedingt ein Traumberuf. Trotzdem wird er immer beliebter. Allerdings nicht so schnell, wie der Bedarf an Kapitänen wächst. In Hamburg wird darum 2009 das neue Marine Training Centre eröffnet

Ich möchte Kapitän werden. Die Entscheidung steht fest, doch dann tauchen immer wieder dieselben Fragen auf: Wie werde ich eigentlich Kapitän? Wie sind die Berufschancen? Was sind die Voraussetzungen? Und vor allem: Wo kann ich mich informieren? In Deutschland gibt es sechs seefahrtsbezogene Fachhochschulen und drei Fachschulen, bei denen man sich zum Thema Studium informieren kann. Weitere Infos finden sich unter: www.vks-hamburg.de/service/ausbildung FEG

von FELIX GABER

Zur See fahren. Unter dem leuchtenden Sternenzelt die Weltmeere bereisen. Kapitän sein. Eigentlich ein Jungentraum wie Lokführer werden oder Polizist. Doch so ganz stimmt diese verklärte Vorstellung nicht. „Die Seefahrt war noch nie ein Traumberuf“, sagt Alexandra Pohl, Ausbildungsreferentin beim Verband Deutscher Reeder (VDR). Zumindest sei es kein „Beruf für jeden“. Wer mit der Einsamkeit auf hoher See nicht zurechtkomme, sei für den Kapitäns-Beruf nicht geeignet. Auf freundschaftliche Kontakte müsse man verzichten können. „Man will zwar gemeinschaftlich fahren, aber die wenigsten Kontakte halten länger als die Reise selbst“, sagt Pohl.

Dennoch ist das Interesse am Beruf des Kapitäns gestiegen. Zum einen kommt man an Bord mit der neuesten Technik in Verbindung. Vor allem aber verdient man gutes Geld, und die Chancen aufzusteigen sind äußerst günstig.

Der klassische Weg, Kapitän zu werden, beginnt mit einer zweieinhalb- bis dreijährigen Ausbildung als Schiffsmechaniker, die hauptsächlich auf See stattfindet. Schon hier kristallisiert sich heraus, ob der Auszubildende für die Arbeit auf hoher See geschaffen ist oder nicht. Bei 14 Prozent läge die Abbrecherquote, so VDR-Ausbildungsreferent Alexandra Pohl. Selbst nach Beendigung der Ausbildung würden zehn Prozent aufhören.

Eine Ausbildung zum Schiffsmechaniker ist der gängige Einstieg für Haupt- und Realschulabsolventen in den Beruf. Der nächste Schritt für den fertigen Schiffsmechaniker ist eine dreijährige Ausbildung an einer Fachschule zum nautischen Schiffsoffizier. Wer die Fachhochschulreife oder das Abitur besitzt, kann auch gleich ein vierjähriges Hochschulstudium inklusive zweier sechsmonatiger Praxissemester absolvieren. Dies ist der schnellste Weg zum Befähigungszeugnis für den technischen oder nautischen Offizier.

Auf das Studium folgt die Praxis. Nach zwölf weiteren Monaten Seefahrtzeit (netto, ohne Urlaubstage) als nautischer Wachoffizier kann das Befähigungszeugnis zum ersten Offizier erworben werden. Wer sich in dieser Position als rechte Hand des Kapitäns zwölf weitere Monate bewährt, kann zum Kapitän ernannt werden. Dies geschieht, indem einen eine Reederei beruft.

Derzeit können sich Kapitäne ihren Job allerdings fast aussuchen, denn es herrscht ein akuter Kapitänsmangel bei deutschen Reedereien. Bis zu 1.000 Nautiker jährlich werden benötigt. Weniger als die Hälfte werden derzeit von den neun verschiedenen Fach- oder Hochschulen in Bremen, Cuxhaven, Elsfleth, Leer, Warnemünde und Flensburg ausgebildet. „Die Berufsaussichten sind optimal“, sagt Peter Irminger, Nautik-Professor an der Hochschule Bremen. Irminger ist gebürtiger Schweizer, besitzt das Kapitänspatent und fuhr selbst zehn Jahre zur See.

Dass der Beruf attraktiver wird, belegt auch die Zahl der Studierenden in Bremen. Waren Anfang der 90er Jahre noch 40-60 Nautikstudenten eingeschrieben, sind es aktuell 365, so Irminger. Das Einstiegsgehalt für einen Kapitän liegt laut Heuertarifvertrag bei 4.414 Euro brutto, für einen Nautischen Offizier bei knapp 4.000 Euro brutto. Berufsanfänger sind im Schnitt 32 bis 35 Jahre alt.

Der Grund für den Kapitänsmangel liegt in den niedrigen Frachtraten der letzten 20 Jahre, die dazu führten, dass Reeder ihre Schiffe mehr und mehr ausflaggen mussten, um so auf billigere Kräfte aus aller Welt zugreifen zu können. Bis vor fünf Jahren wurde deshalb gar nicht oder kaum ausgebildet. Erst seit fünf Jahren steigen die Frachtraten wieder.

Dazu kommt, dass mehr Schiffe wieder unter deutscher Flagge fahren, seit Bundesregierung und deutsche Seeschifffahrt ein maritimes Bündnis geschlossen haben. Darin wurde festgelegt, die Ausbildung deutscher Seeleute zu fördern und gleichzeitig die deutschen Reeder, die ihre Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen, steuerlich zu entlasten.

In Hamburg, wo 2005 die traditionsreiche Kapitänsausbildung eingestellt und der bewährte Schiffssimulator „Susan“ nach Leer verkauft wurde, wird es wieder ein Aus- und Weiterbildungszentrum für Kapitäne und Schiffsingenieure geben. Bis Anfang 2009 werden an den geplanten Standorten Eco-City in Harburg und der Heine-Villa an den Rainvilleterrassen rund 6,5 Millionen Euro investiert. Herzstück des neuen Marine Training Centre (MTC) werden neueste Brücken- und Maschinensimulatoren sein, mit deren Hilfe die wesentlichen Abläufe an Bord trainiert werden können.

Endlich werden dann auch in Hamburg wieder Kapitänsschüler zu sehen sein, bevor sie als fertige Kapitäne auf ihre Fahrten verschwinden.