Tod durch Ölklumpen

Mehr als 1.000 Vögel mit ölverklebtem Gefieder an der schleswig-holsteinischen Westküste angeschwemmt. Weitere Funde auch in Dänemark. Bisher rund 100 Tiere verendet. Verursacher der Verschmutzung ist weiter unklar

Die Trauerente (Melanitta nigra) ist ein Zugvogel, der seinen Namen aufgrund der tiefschwarzen Färbung des Federkleides der männlichen Exemplare trägt. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Kanada über Island, Schottland und Skandinavien bis nach Sibirien. Europäische Trauerenten verbringen den Großteil des Jahres auf Nord- und Ostsee, wo sie sich von Sommer bis Frühjahr aufhalten. Alljährlich im März ziehen die Vögel zum Brüten in die arktische Tundra. Schätzungen gehen von mehreren 10.000 Trauerenten im norddeutschen Wattenmeer und rund 100.000 Exemplaren an der dänischen Westküste aus. Eine weitere Million Exemplare soll es auf der Ostsee geben. Trauerenten sieht man normalerweise nicht in Strandnähe: Sie halten sich auch im Winter weit vor der Küste auf, bis zu einer Tiefenlinie von rund 20 Metern. Dort ernähren sie sich von Muscheln und Schnecken, nach denen sie am Meeresgrund tauchen.  TAZ

VON FELIX GABER

Leichte Entwarnung für die Strände der schleswig-holsteinischen Nordsee-Inseln Amrum und Föhr: Nach dem Fund von rund 1.000 verölten Seevögeln zu Wochenbeginn sind am Mittwoch kaum noch neue verschmutzte Tiere entdeckt worden. Dies teilte das Havariekommando in Cuxhaven mit. Die Bundesbehörde koordiniert seit Dienstag die Maßnahmen vor Ort. Auch in Dänemark waren einige hundert verölte Vögel gesichtet worden.

Nach Untersuchungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie handelt es sich bei den Öl-Anlandungen an der schleswig-holsteinischen Westküste um schweres Heizöl, das sowohl Treibstoff als auch Ladung eines Schiffes gewesen sein könne. „Es ist aber nicht von der ‚Pallas’. Das steht eindeutig fest“, sagte Ulrike Windhövel, Sprecherin des Havariekommandos zur taz. Der Holzfrachter war im Oktober 1998 vor Amrum gestrandet und hatte eine Ölpest ausgelöst.

Woher das nun angeschwemmte Öl stammte, ist derzeit unklar. Gestern Vormittag überflogen das Überwachungsflugzeug des Havariekommandos sowie ein Polizeihubschrauber die See vor den verschmutzten Gebieten, ohne dort Ölverschmutzungen festzustellen. Mehrere Schiffe kamen zum selben Ergebnis. Am Sonntag waren zunächst auf der Insel Föhr auf einer Länge von 800 Metern etwa 50 Ölklumpen angeschwemmt worden. In den folgenden Tagen wurden dann entsprechende Verschmutzungen auf Amrum beobachtet worden.

Auf Föhr sei das Öl weitgehend abgeräumt worden, sagt Hendrick Brunckhorst vom schleswig-holsteinischen Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Wattenmeer und Meeresschutz (LKN), der die Kontrollen der Strände vor Ort organisiert. Nach Angaben des LKN vom Dienstag sind bislang rund 100 Tiere an den Folgen der Verschmutzung verendet. Helfer des Tierschutzes versuchen weitere Vögel zu retten. Die aber seien „schwierig einzufangen, da sie sehr mobil sind“, sagt Brunckhorst.

Den Tieren muss schnell geholfen werden, sonst haben sie kaum Überlebenschancen. Bereits ein Klumpen Öl von der Größe einer Euro-Münze auf dem Federkleid kann zum Tode führen: Mit dem Öl verliert das Gefieder seine Isolationswirkung gegenüber dem kalten Wasser. Hinzu kommt die Wirkung der Giftstoffe, die die Vögel beim Putzen des Gefieders in den Magen aufnehmen. 99 Prozent der verölten Tiere seien Trauerenten, sagt Brunckhorst. Der Grund der Häufung gerade dieser Spezies: Trauerenten überwintern in großer Zahl in der westlichen Ost- sowie der Nordsee.

„Die verschmutzten Vögel werden in Sammelstellen gebracht und dann versorgt“, sagt die Havariekommando-Sprecherin Windhövel. Die Vögel werden von der Erstaufnahmestation „Tierhuus“ auf Föhr aufgenommen, wo sie vom Öl befreit werden. Überlebende Vögel kommen danach zur Rehabilitation nach St. Peter-Ording oder Kappeln.

Die Umweltschutzorganisation WWF warnte indes davor, die Tiere zu berühren. „Touristen sollten kranke Vögel nicht anfassen“, so Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros in Husum gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Es drohten Gefahren für die Gesundheit. Rösner zufolge werden die Strände täglich von Mitarbeitern der Naturschutzstationen abgelaufen, um tote oder kranke Vögel einzusammeln. Neben Amrum und Föhr wurden einzelne verölte Vögel auch auf Sylt, den Halligen, dem Festland und dem dänischen Römö gesehen. Auch Rösner nannte die Überlebenschance verölter Vögel gering.

Greenpeace forderte angesichts des Vorfalls bessere Kontrollen von Schiffen und schärfere Strafen für Ölverschmutzer. Jedes Jahr werde die Nordsee stark mit Öl belastet, teilte die Umweltschutzorganisation in Hamburg mit. Pro Jahr werden demnach an der deutschen Nordseeküste zwischen 100 und 1.000 ölverschmierte Vögel gefunden. Untersuchungen hätten ergeben, das rund 90 Prozent der Verschmutzungen bei Vögeln durch die Schifffahrt verursacht werden. Die letzte Verunreinigung dieser Art gab es im Februar 2004. Damals starben etwa 1.500 Vögel, weil zwei Schiffe illegal Brennstoff-Rückstände in die Nordsee geleitet hatten.